Das Bundesumweltministerium soll seiner Aufsichtspflicht bei der Bergung von radioaktiven Abfällen aus der Schachtanlage Asse im Landkreis Wolfenbüttel nicht ausreichend nachgekommen sein.  Das schreibt der Bundesrechnungshof in einem Bericht für den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages, der dem Politikjournal Rundblick vorliegt und über den zuerst die Braunschweiger Zeitung und der NDR berichtet haben. Das Ministerium habe nach eigenen Aussagen eine Fachaufsicht „auf Abstand“ praktiziert, heißt es in dem Bericht. Mit wichtigen Entscheidungen oder Mittelanforderungen des bis 2017 für das Asse-Bergwerk zuständigen Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) habe man sich im Ministerium „praktisch nie“ befasst.

Außerdem berichtet der Bundesrechnungshof, die Gesamtausgaben für die Bergung der radioaktiven Abfälle würden die geschätzten rund zwei Milliarden Euro „erheblich übersteigen“. Bisher sei schon knapp die Hälfte der veranschlagten Kosten ausgegeben worden, also eine Milliarde Euro. Dabei wurde mit der Rückholung des radioaktiven Materials aus dem Asse-Bergwerk noch gar nicht begonnen, damit soll erst 2033 angefangen werden. Der Bundesrechnungshof kritisiert vor allem, dass das BfS die Entwicklung der Kosten nicht genau verfolgt habe. Das Bundesumweltministerium verweist in dem Bericht des Bundesrechnungshofs darauf, dass seit April 2017 die neue „Bundesgesellschaft Endlagerung“ (BGE) für die Bergung des Atommülls zuständig sei. Die BGE stimme ihr Controlling-Konzept aktuell eng mit dem Ministerium ab, heißt es.

Bei Projekten mit dieser Laufzeit ist eine solche Steigerung leider nicht ungewöhnlich.

Im Asse-Bergwerk wurden in den Sechziger- und Siebzigerjahren rund 47.000 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktive Abfälle entsorgt. Seit 2009 ist die Stilllegung der Asse nun schon beschlossene Sache. Grund für die unplanmäßigen Mehrausgaben in den vergangenen Jahren seien der aufwendiger gewordene Offenhaltungsbetrieb sowie die erforderlichen Maßnahmen zur Notfall- und Gefahrenabwehr, heißt es im Bericht des Bundesrechnungshofes.

Ein großes Problem für die Rückholung des Atommülls sei zum einen das Eindringen von Wasser in die Asse, das kontinuierlich abgeschöpft werden muss. Zum anderen sei aufgrund von Bewegungen im Berg die Stabilität der Grube nicht gewährleistet. Geowissenschaftler müssten deshalb die Tektonik im Blick behalten. Nur ein Bruchteil der bisher entstandenen Kosten wurde tatsächlich für die Rückholung ausgegeben, es handelt sich dabei allein um Planungs- und Erkundungskosten. Die tatsächlichen Ausgaben für die Bergung des Atommülls dürften die bisherigen Kosten noch „um ein Vielfaches übersteigen“, schreibt der Bundesrechnungshof.

Der umweltpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Martin Bäumer, ist von der Kostensteigerung für die Bergung des Atommülls nicht überrascht. „Bei Projekten mit dieser Laufzeit ist eine solche Steigerung leider nicht ungewöhnlich.“ Auch für den Linken-Bundestagsabgeordnete Victor Perli stehen die Mehrausgaben gar nicht so sehr im Fokus. „Sigmar Gabriel hat schon 2009 als Bundesumweltminister erklärt, die Rückholung würde bis zu fünf Milliarden Euro kosten“, sagt er im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick.

Rechnungshof rügt: Umweltministerium kommt Verantwortung nicht nach

Kritischer sieht Perli die Aussage des Bundesrechnungshofes, das Umweltministerium käme seiner „Ressortverantwortung für die Steuerung des Projektes Asse II nicht nach“. Perli sieht darin einen „Weckruf für die Landespolitik“ und fordert, die Landesregierung müsse einen Sonderbeauftragten für die Asse ins Leben rufen. Marcus Bosse, SPD-Landtagsabgeordneter aus dem Wahlkreis Wolfenbüttel, teilt diese Einschätzung Perlis nicht. „Noch ein weiterer Kopf nützt da nichts. Die Asse GmbH muss jetzt auch in Ruhe arbeiten können“, sagt er im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. Bosse sieht genau wie Bäumer von der CDU die Verantwortung in Berlin.

„Die Rückholung muss eine deutlich höhere Priorität im zuständigen Umweltministerium in Berlin haben“, sagt Bosse. Auch die Vernetzung mit dem Parlament müsse enger werden, damit Lücken in der Finanzierung schneller erkannt würden. Der Bundesrechnungshof empfiehlt deshalb unter anderem, dass der Haushaltsausschuss des Bundestags in Zukunft zweimal im Jahr über die Kostentwicklung in der Asse informiert werden sollte. Linken-Haushaltspolitiker Perli geht davon aus, dass der Ausschuss diesem Vorschlag folgen wird.