Bundesministerin Klöckner hält Verbänden der Bauern „selektive Kommunikation“ vor
Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) verschärft den Ton gegenüber den Bauernverbänden. Grund dafür ist der anhaltende Protest über die Verschärfung der Düngeverordnung. Bei einer Veranstaltung des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums am Dienstag in Hannover kritisierte Klöckner die „selektive Kommunikation“ der Agrarverbände. „Eine Debatte um besseren Grundwasserschutz gewinnen Sie nicht“, warnte Klöckner Vertreter des Landvolks.
Das Landvolk hatte parallel zur Diskussionsveranstaltung am Dienstagnachmittag im Schloss Herrenhausen eine Demonstration von Landwirten vor dem Großen Garten organisiert. Rund 1000 Landwirte seien nach Angaben des Landvolks dem Aufruf gefolgt, um ihren Frust über die EU-Düngeverordnung zum Ausdruck zu bringen. Am 4. April wird es eine weitere Großdemonstration von Landwirten in Münster geben. Klöckner kritisierte die Arbeit der landwirtschaftlichen Interessenvertreter hingegen scharf, weil diese sich selbst widersprächen: Heute kämen Verbände zu ihr und sagten, hätte man die Verschärfung in der Düngeverordnung von 2018 bereits zehn Jahre früher vorgenommen, würde man ja heute schon Ergebnisse sehen. Das seien jedoch dieselben Verbände, die strengere Regeln bereits 2006 verhindert hätten.
Die EU-Kommission sei „zurecht sickig“ (rheinländische Mundart für „verärgert“) auf Deutschland, sagte Klöckner und verwies auf Länder wie die Niederlande, Frankreich oder Dänemark, in denen sich die Landwirtschaft bereits stark gewandelt hätte, um die EU-Richtwerte einzuhalten. Es könne nicht sein, dass diese für alle gelten, nicht aber für Deutschland, sagte sie. Klöckner gesteht allerdings ein, die Verschärfung der Düngeverordnung von 2017 auf 2018 sei „hammermäßig“ gewesen.
Auch bei der jetzt anvisierten pauschalen 20-Prozent-Reduzierung des Nitratgehalts sei sie ganz bei den Landwirten. Diese sei so nicht richtig, weil sie auch solche Betriebe treffe, die nicht überdüngt hätten. Wenn die Bauernverbände jetzt aber alle Probleme im Agrarministerium in Berlin abladen würden, bekomme man diese nicht mehr auseinander, betonte Klöckner. In ihrem Haus kämen die Vertreter der Viehbauern und die der Ackerbetriebe und „positionierten sich gegeneinander“, berichtete die Bundesministerin den rund 250 anwesenden Gästen.
EU-Agrarkommissar wirbt für seinen GAP-Entwurf
Eigentlich hatte Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) den EU-Agrarkommissar Phil Hogan und ihre Parteifreundin Julia Klöckner nach Hannover eingeladen, weil sie über die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union diskutieren sollten. Die GAP wird für den neuen Förderzeitraum von 2021 bis 2027 neu verhandelt und Hogan wirbt zurzeit für seinen Vorschlag. Vor allem möchte der Ire die EU-Mitgliedsländer dazu drängen, ihre Beiträge zum Gesamthaushalt zu erhöhen, um die Finanzierung der GAP sicherzustellen. „Es ist mir gelungen, 96 Prozent der Mittel für Direktzahlungen zu verteidigen, die für die Stabilität unserer landwirtschaftlichen Betriebe in Europa entscheidend sind“, betonte Hogan am Dienstag in Hannover. Allerdings sehe der Entwurf auch eine moderate Kürzung vor. Klöckner erinnerte an die Zusage der Bundesregierung, die Zahlungen an die EU nicht zu reduzieren.
Otte-Kinast setzt darauf, dass mit der neuen GAP sowohl verbesserte Umweltleistungen als auch stabile Einkommen gesichert werden können. Niedersachsens Agrarministerin kritisierte aber, dass das Tierwohl im Entwurf des EU-Kommissars keine allzu große Rolle spiele. Die neue GAP soll den Mitgliedsländern mehr Spielräume lassen – Otte-Kinast möchte diese nutzen, um eigene Schwerpunkte im Bereich Tierwohl zu setzen. Hogan sind die nationalen Strategiepläne besonders wichtig, um den Unterschieden innerhalb der EU Rechnung zu tragen. Schließlich stehe ein deutscher Landwirt nicht vor denselben Herausforderungen wie ein portugiesischer. Auch Klöckner findet es nicht verkehrt, dass mehr vor Ort entschieden werden soll. Sie denkt dabei allerdings an die Kappung und Degression von Direktzahlungen bei großen Betrieben. Diese möchte die Agrarministerin nämlich gerne aus dem GAP-Entwurf streichen und den Mitgliedsländern überlassen. Hogan habe das Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bereits vorgeschlagen – im Austausch gegen mehr Haushaltsmittel, wie es heißt.