Bund plant an den Details für ein „Arbeitsmarktkonto“
Wer in Zukunft neu in den Beruf einsteigt, soll ein Konto mit Startkapital bekommen, um sich später eine Weiterbildung finanzieren zu können. Die Bundesregierung plant derzeit an den Details eines sogenannten „Erwerbstätigenkontos“. „Es soll den Erwerbstätigen ermöglichen, sich über ihre Biografie hinweg eigenständig weiter zu qualifizieren“, sagte Yasmin Fahimi, Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium, im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. Fahimi kandidiert für die SPD im Wahlkreis Hannover-Süd für den Bundestag, das Thema Weiterbildung wird eine zentrale Rolle in ihrem Wahlkampf spielen.
Das Erwerbstätigenkonto wird bereits allgemein genannt im „Weißbuch 4.0“, das Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) vor einigen Monaten vorgestellt hat. „Die Grundsituation sieht derzeit so aus, dass jeder Arbeitnehmer eine Schulbildung und eventuell ein Studium als Qualifikation hat. Eine Weiterbildung bekommt er danach nur noch im Betrieb, oder wenn er arbeitslos ist“, sagt Fahimi. Das müsse sich aber ändern, um dem Fachkräftemangel und den veränderten Arbeitsbedingungen effektiv begegnen zu können. Denn eine Angestellte Mitte Vierzig, die zwei Kinder hat, werde sich wohl kaum eine Auszeit für eine Zusatzausbildung nehmen und die Kosten dafür selbst tragen, obwohl sie die Karrierechance eigentlich gern nutzen würde. Finanzielle Unterstützung zur Weiterbildung gibt es zurzeit aber nur auf drei eingeschränkten Wegen: in Form von Bafög nur für Studenten bis 35 Jahre, vom Arbeitsamt nur für Arbeitslose oder vom Arbeitgeber, wenn dieser darin einen Nutzen für sein Unternehmen sieht. Für Fahimi ein Zustand, der dringend verändert werden soll: „Wir müssen über eine neue Weiterbildungskultur nachdenken.“
Ein Baustein dafür soll das Konto sein, das jeder Arbeitnehmer mit dem ersten Job bekommt. Es enthält einen bestimmten Betrag, der vom Besitzer mit Spareinzahlungen weiter aufgestockt werden kann. „Ausgezahlt wird das Geld ähnlich einer Lohnersatzleistung, wenn der Arbeitnehmer eine Qualifizierungsmaßnahme beginnt“, sagt Fahimi. Allerdings soll das Geld nur der belegbaren Weiterbildung dienen und nicht als Grundlage für private Vorhaben wie Sabbaticals dienen. Bisher ist der Erwerbstätigenkonto allerdings nur eine Ideenskizze auf dem Papier. „Momentan arbeiten wir im Ministerium daran, die Details zu klären und zu bewerten“, sagt Fahimi.
So muss etwa geklärt werden, woher das Geld für die Konten kommen soll und ob dafür Steuererhöhungen nötig sind. Es muss auch festgelegt werden, ob nur künftige Arbeitnehmer das Konto bekommen oder auch Menschen, die seit Jahren berufstätig sind. Darüber hinaus muss es eine Behörde geben, die die Daten zu den Konten sammelt, Ein- und Ausgänge dokumentiert und das Geld an die Arbeitnehmer auszahlt. Das könnte Fahimi zufolge eine Aufgabe für die Bundesagentur für Arbeit werden. „Perspektivisch soll die Bundesagentur für Arbeit generell zu einer Agentur für Arbeit und Qualifizierung ausgebaut werden, um nicht nur Arbeitslose anzusprechen.“
Doch bis das Konto beschlossen wird, dürfte noch viel Zeit vergehen. „Es ist ein völlig neues Instrument, für das es auch ein neues Gesetz geben müsste“, sagt Fahimi. Es sei daher ausgeschlossen, dass es noch in dieser Legislaturperiode einen Gesetzesentwurf geben werde. Doch die SPD wolle das Thema Weiterbildung mitsamt den Vorschlägen aus dem Weißbuch auf jeden Fall auch nach der Wahl weiterverfolgen. „Die Idee ist im Ministerium unter Ministerin Nahles entstanden und hat von Unternehmen viel Zuspruch bekommen“, sagt Fahimi.