Braunschweig: Stadt-Mitarbeiter sollen E-Autos fahren
Wenn man böswillig ist, könnte man es „Umerziehung“ nennen. Die Gutwilligen dürften von Bewusstseinsbildung reden – und diese scheint ganz erfolgreich zu laufen. Schon vor knapp zehn Jahren wurde in der Stadtverwaltung Braunschweig mit ihren 4000 Bediensteten, davon 1000 im engeren Bereich rund um das Rathaus in der Innenstadt, über verstärkten Klimaschutz diskutiert.
Gleichzeitig förderte die Metropolregion die „Elektromobilität“, und seit Herbst 2017 machte sich dann die Stadtverwaltung daran, zielstrebig ein Modell zu entwickeln. Federführend in der Verantwortung steht dafür neben Oberbürgermeister Ulrich Markurth (SPD) auch der Finanzdezernent Christian Geiger (CDU). Es gab Mitarbeiterbefragungen, Konferenzen und Informationsveranstaltungen.
Die Beschäftigten zeigten sich bereit, ihr typisches Verhalten offen zu legen – und im Ergebnis entwickelte die Stadtverwaltung ein „Mobilitätskonzept“, das im Wesentlichen so zusammengefasst werden kann: Die Zahl der herkömmlichen Dienstwagen der Stadtverwaltung wird drastisch abgebaut, stattdessen werden im ersten Schritt 16 kleine Elektro-Autos gekauft – außerdem neun Dienstfahrräder mit Elektroantrieb und ein elektronisches Lastenfahrrad. Die Mitarbeiter sind gehalten, Zug um Zug die neuen Angebote zu nutzen. Doch dahinter steckt eine weitreichende und zeitraubende Phase der Vorbereitung.
784 Privatwagen werden bislang für Dienstfahrten genutzt
Sehr intensiv ist vor allem die Phase der Analyse gelaufen. Gefragt wurde, welche Mitarbeiter der Verwaltung für ihre dienstlichen Wege in der Stadt die Fahrzeuge der Verwaltung beanspruchen. Daneben gibt es noch viele, die ihre Privat-Kraftwagen auch dienstlich nutzen und dafür auch beim kommunalen Schadensausgleich auf Stadtkosten versichert werden – für 69 Euro je Fahrzeug.
Die Überprüfung hat erstaunliche Zahlen zutage gefördert. 168 Dienstfahrzeuge hat die Stadt Braunschweig, und es ist die stolze Zahl von 784 Privatwagen, die von ihren Besitzern – meistens allein – für dienstliche Fahrten genutzt werden. Mit anderen Worten: Diese 784 Mitarbeiter haben eine einleuchtende Begründung dafür, dass sie jeden Tag mit dem Auto ins Büro fahren. Denn es könnte ja sein, dass sie zu einer Dienstfahrt in der Stadt gefordert sein werden.
Fahrtenbücher wurden gewälzt, Mitarbeitergespräche geführt, Konzepte entworfen und verändert. Es stellte sich heraus, dass viele Autos meistens ungenutzt auf den Parkplätzen am Rathaus stehen. Viele werden nicht täglich für dienstliche Fahrten genutzt, andere nur einmal am Tag. Systematische Anreize dafür, lieber zu Fuß zu gehen, das Rad zu benutzen oder in den Bus zu steigen hat es in der Stadtverwaltung bisher kaum gegeben. Auch ein Job-Ticket für Busse und Bahnen, verknüpft mit dem Dienstausweis der Stadtverwaltung, gibt es bislang noch nicht.
Dienstwagen sollen für alle Beschäftigten zugänglich sein
Das alles soll nun anders werden. Die neuen Dienstfahrzeuge sollen nicht mehr nur auf bestimmte Personen oder Fachbereiche konzentriert werden, sondern möglichst allen zur Verfügung stehen. Ein zentrales Management in der Verwaltung, das jeder Mitarbeiter per Computer oder Handy erreichen und dort seinen Fahrtenwunsch kurzfristig anmelden kann, soll aufgebaut werden.
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Ab Mitte 2020, so der Braunschweiger Plan, soll das neue Mobilitätskonzept dann greifen. Geiger betont, dass der 100.000 Euro teure Plan zwar „Elektromobilitätskonzept“ heißt, dies aber auch damit zusammenhänge, dass eine 80-prozentige Bundesförderung für diesen Bereich möglich gemacht wurde. Praktisch sei man technologieoffen und habe auch ein Wasserstoff-betriebenes Auto als Dienstfahrzeug angeschafft – damit auch diese Alternative zum Verbrennungsmotor zur Verfügung gestellt werden kann.
Die Investitionskosten für Lade-Infrastruktur, neue Fahrzeuge, das Fuhrpark-Management und die Reparaturleistungen stehen auf der einen Seite – auf der anderen aber nennt die Stadtverwaltung auch Einsparungen. Für den Schadensausgleich der dienstlich genutzten Privatwagen muss weniger in den Schadensausgleich gezahlt werden und bei weniger Dienstwagen gibt es auch weniger Unterhaltungs- und Betriebskosten. Vor allem aber werden Stellplätze frei, da eine Grundüberlegung eine wichtige Rolle in dem Konzept spielt: Die Dienstwagen sollen künftig häufiger unterwegs sein, da sie gleichzeitig von mehr Bediensteten genutzt werden.