Bernd Althusmann braucht jetzt eine Frau wie Rita Süssmuth
Darum geht es: Der CDU-Spitzenkandidat zur Landtagswahl hat in Umfragen gute Resultate, aber sein Wahlkampf läuft noch nicht rund. Ein Kommentar von Klaus Wallbaum.
Noch vor ein paar Monaten dachten viele Beobachter, die Zeit der großen Lagerbildung sei ein für allemal vorbei. Die CDU bewege sich schrittweise nach links, die SPD nach rechts, die Grünen in die Mitte und zwar dorthin, wo die FDP immer schon war. Nur die AfD verharre rechtsaußen. Also sei das Profil der Parteien im Landtagswahlkampf genauso schwer abzuschätzen wie die spätere Regierungsbildung. Heute wissen wir: Der Fall Twesten hat die Parteien so kräftig durchgeschüttelt, dass die Fronten wieder so gefestigt scheinen wie zuletzt vor Jahrzehnten – links die SPD, links daneben die Grünen, und auf der anderen Seite bewegen sich CDU und FDP. „Mit denen niemals“, heißt es bei vielen Grünen, wenn von CDU und FDP die Rede ist. „Mit denen bestimmt nicht“, lautet es umgekehrt von Christ- und Freidemokraten mit Blick auf die Grünen. Die gegenseitige Abneigung ist so groß, dass manchmal aus Gegnerschaft Feindschaft zu werden droht.
Für Stephan Weil, den Ministerpräsidenten, ist das weniger ein Problem als für seinen Herausforderer Bernd Althusmann. Wenn Rot-Grün die Landtagswahl verlieren sollte, ist Weils landespolitische Karriere vermutlich beendet. Deshalb setzt er alles auf diese Karte. Eine Ampel hat die FDP glaubhaft ausgeschlossen, und für die Rolle als Anführer der Juniorpartnerschaft in einer Großen Koalition kommen zwei andere Sozialdemokraten in Betracht – Innenminister Boris Pistorius und Wirtschaftsminister Olaf Lies. Das heißt: Wenn es am 15. Oktober für Rot-Grün nicht reichen sollte, stünde in der SPD sowieso ein großer Umbruch bevor. Bei Bernd Althusmann ist die Lage anders, er muss sich erst noch den Rückhalt sichern, den die durch die Beliebtheit von Merkel hochtrabenden CDU-Umfrageergebnisse ihm heute schon versprechen: Als Christdemokrat hat er nur Chance auf eine ausreichend starke Mehrheit, wenn er im großstädtisch-liberalen Wählermilieu punkten kann. Das konnte einst Ernst Albrecht, später dann Christian Wulff. Dass auch Althusmann es vermag, muss er erst noch beweisen.
„Der frühere Offizier hat immer noch den Ruf, konservativ und kantig zu sein…“
Althusmann ist klug, er bewegt sich selbstsicher auf dem landespolitischen Terrain. Das kommt ihm in öffentlichen Auftritten zugute. Aber der frühere Offizier hat immer noch den Ruf, konservativ und kantig zu sein, ein bisschen so wie früher Wilfried Hasselmann, nur nicht so gesellig. Damit steht der CDU-Landesvorsitzende für die ländliche CDU, die solche eher patriarchalischen Typen schätzt und fördert. Dieses Image mag ihn nur unzureichend beschreiben – aber die CDU hat Mühe, ihn lockerer, großstädtischer, offener und diskussionsfreudiger erscheinen zu lassen. Als Spitzenkandidat mit liberalem Großstadtprofil taugt der im sozialdemokratischen Milieu von Hannover und Göttingen geformte Stephan Weil besser, er kann diese Karte überzeugend ausspielen. Soll man Althusmanns Image nun verändern? Das wäre fatal, denn der Spitzenkandidat muss authentisch bleiben. Er ist nun mal so, wie er ist.
Viel hängt deshalb vom Team ab, dass der Kandidat demnächst präsentieren will. Wer hat neben ihm eine wichtige Rolle? Eine zehnköpfige Mannschaft zu benennen, wie er es ursprünglich vorhatte, wäre wohl ein Fehler – denn zu viele Köche verderben den Brei, man würde bei zu vielen Köpfen den Überblick verlieren. Weniger wäre mehr. Aber wer soll es sein? Mehrere Leistungsträger aus der Landtagsfraktion wie Björn Thümler, Jens Nacke, Jörg Hillmer, Ulf Thiele, Kai Seefried, Uwe Schünemann und Reinhold Hilbers stehen ebenso für die eher „ländliche“ CDU. Aber wer ist die großstädtische Figur neben Althusmann? Eine Frau wie einst Rita Süssmuth, die für die Erneuerung der CDU und der ganzen Gesellschaft stand, wäre nicht schlecht.
Die Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann aus Leer, die nun zuweilen genannt wird, könnte in dieser Hinsicht kaum überzeugen, sie hat bisher keine klare Ausrichtung gezeigt und ist auch eher im konservativen Milieu verwurzelt. Für Susanne Schmitt von der Industrie- und Handelskammer gilt das gleichermaßen. Am ehesten wäre hier noch Hannovers CDU-Chef Dirk Toepffer zu nennen. Eine andere Möglichkeit, ein weltoffenes, modernes Profil zu schärfen, läge im Import von Bundespolitikern. Das hat Ernst Albrecht vorgemacht, als er 1976 den jungen Bundestagsabgeordneten Walther Leisler Kiep, einen ausgewiesenen Bundespolitiker, in die Landespolitik holte. Die Kür von Kiep löste bei den Beobachtern ein Aha-Erlebnis aus – und ließ die CDU im ganz anderen, viel positiveren Licht erscheinen. Ob Althusmann weiß, wie wichtig ein gutes Team für ihn ist? Manchmal wirkt er noch wie ein Einzelkämpfer, der glaubt, alles im Alleingang schaffen zu können. Doch das ist ein Trugschluss.