Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil äußert sich im Interview mit dem Politikjournal Rundblick zur Diskussionen um die VW-Landesanteile, den anstehenden Wahlkampf und über die Zukunft der Verwaltung. Mit Weil sprachen Klaus Wallbaum und Martin Brüning.

Redaktionbesuch beim Rundblick: Stephan Weil im Gespräch mit Klaus Wallbaum und Martin Brüning – Foto: isc

Rundblick: Volkswagen steht in diesen Tagen wieder einmal im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses – wie bewerten Sie die Forderungen aus CDU und FDP auf Bundesebene nach einem Verkauf der Landesanteile?

Weil: Ich halte das für unverantwortlich. Die Entwicklung von Volkswagen ist für die Landesentwicklung von zentraler Bedeutung. VW ist das größte Industrieunternehmen in Deutschland und der größte Arbeitgeber Europas. Es geht auf der einen Seite um das Unternehmenswohl und die langfristige Wirtschaftlichkeit und Rentabilität des Unternehmens, aber auf der anderen Seite gibt es eben auch überragende Interessen des Gemeinwohls. Volkswagen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten auch deshalb so positiv entwickelt, weil Niedersachsen über viele Jahre als Land einen maßgeblichen Einfluss hatte. Wenn es um den Erhalt der Landesanteile an Volkswagen geht, bin ich Überzeugungstäter.

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Rundblick: Wird das Thema Landesanteile  im Landtagswahlkampf eine Rolle spielen?

Weil: Es wird ein Thema unter mehreren sein. In Niedersachsen hat es immer einen breiten Konsens darüber gegeben, dass nicht zugelassen wird, an der Landesbeteiligung zu rütteln. Dieser Grundsatz muss jetzt verteidigt werden – auch gegen Stimmen aus Union und FDP.

Rundblick: Sind Ihrer Ansicht nach bei VW auf Seiten des Landes nach der Wahl Veränderungen nötig? Die niedersächsische CDU ist dafür, neben dem Ministerpräsidenten einen Experten in den Aufsichtsrat zu senden. Und die Grünen hätten gerne einen eigenen Vertreter in dem Gremium.

Weil: Wer welche Funktion nach den Wahlen hat, sollte man auch erst nach der Wahl besprechen. Die Konstruktion in Niedersachsen hat sich aber nach meiner Überzeugung bewährt. Ich kann für mich in Anspruch nehmen, dass ich den gesetzlichen Pflichten eines Aufsichtsrats und meiner Amtsverpflichtung, mich für das Land Niedersachsen einzusetzen, sehr konsequent nachgegangen bin. Der Verdacht, dass gerade Landesvertreter im Aufsichtsrat an den Lippen des Vorstands hängen würden, ist ganz und gar unbegründet.

Ministerpräsident Stephan Weil im Gespräch – Foto: isc

Rundblick: Bedarf es Änderungen in der Staatskanzlei? Gibt es hier genügend Personal, um den größten Autobauer der Welt als Anteilseigner effektiv zu kontrollieren?

Weil: Ich habe weder quantitativ noch qualitativ den Eindruck, dass das Beteiligungscontrolling des Landes defizitär ist. Ich würde das in der Landesverwaltung nicht anders organisieren als bisher. Es ist aber unbestritten jede Menge Arbeit.

Rundblick: Der Wahlkampf steht in Niedersachsen nun unmittelbar bevor. Wird die SPD Sie als Ministerpräsidenten im Wahlkampf herausstellen – oder präsentieren Sie das Team der Regierung?

Weil: Alle Minister bringen sich voll in den Wahlkampf ein. Aber natürlich wird der Spitzenkandidat herausgehoben werden – allerdings nicht im Sinne einer Personality-Show, das wäre nicht meine Sache. Es wird in Verbindung mit unseren wichtigen Themen geschehen. Und das sind die Themen Zukunft und Zusammenhalt.

Wir werden in der nächsten Wahlperiode überall schauen, wie wir die Behörden optimieren, aber große Steinbrüche für nennenswerte Personaleinsparungen sehe ich nicht

Rundblick: Boris Pistorius ist als Innenminister und Schatten-Innenminister im Bundestagswahlkampf doppelt gefordert. Muss er sich teilen?

Weil: Boris Pistorius ist das Gesicht der SPD-Innenpolitik. Aber sein Standbein ist in Niedersachsen, er und das Thema innere Sicherheit werden eine starke Präsenz im Landtagswahlkampf haben.

Rundblick: Der Landesrechnungshof hat gerügt, dass zwei Dinge von Ihrer Landesregierung versäumt wurden – die Aufgabenkritik und der Personalabbau…

Weil: Dem widerspreche ich. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht. Außerdem sind wir seit 2013 von zwei nicht vorhersehbaren Entwicklungen überrollt worden – dem Zustrom von Flüchtlingen und der wachsenden Kinderzahl. Die „demographische Rendite“, von der oft gesprochen wird, ist nicht eingetreten. Was die Verwaltung anbelangt und die Aufgabenkritik: Wir werden in der nächsten Wahlperiode überall schauen, wie wir die Behörden optimieren, aber große Steinbrüche für nennenswerte Personaleinsparungen sehe ich nicht.

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Rundblick: Kehren die Bezirksregierungen zurück?

Weil: Nein, man kann die Uhr nicht zurückdrehen. Eigentlich wäre eine wirksame Mittelinstanz sinnvoll, ich könnte sie mir nur vorstellen zusammen mit einer Dezentralisierung und der Übertragung von vielen Aufgaben auf die kommunale Ebene. Das aber ist ein Riesenvorhaben. In den nächsten fünf Jahren werden wir wohl keine so tiefgreifenden Veränderungen der Landesverwaltung erleben – insofern ist das, was mir vorschwebt, eher Zukunftsmusik.