Beamtenbund warnt: Wir verlieren das Fachwissen der Pensionäre
Der Landesvorsitzende des Niedersächsischen Beamtenbundes (NBB), Alexander Zimbehl, sieht massive Probleme auf den öffentlichen Dienst zukommen. „Bis 2026 verlieren wir nach unseren Berechnungen in der niedersächsische Landesverwaltung etwa ein Drittel der Beschäftigten, weil sie in den Ruhestand wechseln. Es fällt zum einen schwer, geeignete Nachfolger zu finden. Zum anderen geht viel Fachwissen verloren, wenn routinierte Kollegen ausscheiden, ohne den Nachrückenden alle Kniffe und Besonderheiten erklärt zu haben“, sagte Zimbehl im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick.
Er forderte verstärkte Anstrengungen der Landesregierung zur Sicherung von Kompetenzen und besonderen Fähigkeiten. „Unsere Landesverwaltung ist gut aufgestellt, das ist keine Frage. Aber es sollte keine Denkverbote bei der Frage geben, wie wir die Transmission des Wissens von der älteren zur nächsten Generation gewährleisten können.“
Mentorenprogramm soll helfen
Zimbehl regte dabei ein „Mentorenprogramm“ an. Wenn ältere Kollegen freiwillig Bereitschaft zeigen, sich als Ratgeber und Begleiter für den Nachwuchs zu engagieren, solle der Staat ihnen Hilfestellungen geben. Es müsse Lernplattformen und Portale geben, in denen Interessierte die notwendigen Informationen erhalten können. Der NBB-Vorsitzende sagt, dass er nicht so weit gehen würde, die Fort- und Weiterbildung des öffentlichen Dienstes in Niedersachsen als „vernachlässigt“ zu bezeichnen.
Ein zukunftsorientierter öffentlicher Dienst braucht eine gute Ausbildung, eine gute Ausstattung, eine gute Weiterbildung und auch eine gute Bezahlung.
Die Situation sei von Sparte zu Sparte unterschiedlich. Die Politik müsse aber erkennen, dass wegen der bevorstehenden Umbruchsituation die Kapazitäten für diese Aufgabe verstärkt werden müssten. „Ein zukunftsorientierter öffentlicher Dienst braucht eine gute Ausbildung, eine gute Ausstattung, eine gute Weiterbildung und auch eine gute Bezahlung“, hob Zimbehl hervor. Was die Besoldung im öffentlichen Dienst der Länder angeht, komme alles auf die im Herbst startende Tarifrunde an. Noch sei es zu früh, eine konkrete Forderung für eine Gehaltssteigerung zu präsentieren. Wichtig werde es aber sein, den öffentlichen Dienst wettbewerbsfähig zu halten. Als Verhandlungsführer der Länder wird dann voraussichtlich Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers agieren.
Zimbehl sieht keinen Spielraum für Personaldeckel
Im Vorfeld der Haushaltsklausur der Landesregierung Mitte Juli betonte der NBB-Vorsitzende, dass der öffentliche Dienst in der Corona-Krise seine Funktionsfähigkeit unter Beweis gestellt habe – und zwar trotz aller äußerer Widrigkeiten. Gegenwärtig komme es auf die Sicherung des Vorhandenen an, deshalb lehne er Überlegungen wie die des Finanzministers, den Personaletat zu deckeln, prinzipiell ab. Wer in die Kommunalverwaltung schaue, etwa zu Einwohnermeldeämtern oder Kraftfahrzeugzulassungsstellen, erlebe die Überlastung – häufig erhielten die Bürger erst nach Wochen einen Termin.
Die rasche Digitalisierung kann laut Zimbehl kurzfristig deshalb keine Lösung sein, da der Prozess schleppend vorangehe und das Land die geforderte Terminsetzung des Online-Zugangsgesetzes vermutlich nicht schaffen werde. Die Digitalisierung müsse zudem von den Bürgern akzeptiert werden – und sie könne nur Schritt für Schritt eingeführt werden.