Der Präsident des niedersächsischen Landvolk-Verbandes, Werner Hilse, sieht die Landwirtschaft aktuell in einer schwierigen Situation. „Wir stecken in einer kleinen Agrarkrise“, sagte Hilse in Hannover, wo in dieser Woche auch die Agrarminister von Bund und Ländern tagen. Für die Milchwirtschaft und den Bereich der Schweinemast seien es wirtschaftlich schwere Zeiten, auch die Preise im Ackerbau seien nicht besonders gut. Zugleich gebe es eine politische Debatte um die Zukunft der Branche. „Die Landwirtschaft ist veränderungsbereit“, sagte Bernhard Krüsken, Generalsekretär der Deutschen Bauernverbandes (DBV). „Im Dialog brauchen wir aber Fairness, Sachlichkeit und Faktenorientierung.“ Stattdessen würden aber oftmals weltfremde Lösungen gefordert. Als Beispiel nannte Krüsken die emissionsschutzrechtlichen Regelungen für Ställe. „Da finden Sie lauter kleine Grausamkeiten und Merkwürdigkeiten.“

Werner Hilse und Bernhard Krüsken nach der Pressekonferenz. Foto: Martin Brüning

Jüngster Aufreger ist ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Magdeburg. Es hatte entschieden, dass die Kastenstände, in denen Sauen zeitweise gehalten werden, zu klein sind. Mit dem Urteil würden nahezu alle Sauenhalter in Deutschland in eine sehr komplizierte Umbauprozedur hineingezwungen, meint Krüsken. Zugleich gebe es nahezu keinen Konsens, wie so ein Umbau aussehen könne. „Im Ergebnis wird das wieder dazu führen, dass eine Reihe von Betrieben diesen Investitionsschritt nicht mitgeht.“ Laut Hilse hat es gerade in der Sauenhaltung vor wenigen Jahren einen dramatischen Strukturwandel gegeben, weil die Auflagen zu hoch waren. Nur mit einer Aufstockung der Tierzahlen konnte man die Auflagen rechnerisch einhalten.

„Wenn Niedersachsens Agrarminister Meyer die Sau rauslassen will, dann muss er aufpassen, dass sie nicht nach Dänemark abhaut“, sagte der DBV-Generalsekretär. Das dänische Modell sehe vor, dass die Zeit im Kastenstand reduziert werde. Das könnte laut Krüsken aber nur Teil einer Lösung sei. Wichtig sei vor allem eine sinnvolle Perspektive für einen Bestand. Das fordert auch Werner Hilse. „Wir brauchen Übergangsfristen. Bis gestern sind noch Genehmigungen für eine Ausstattung erteilt worden, die morgen dann verboten werden soll. Da braucht es einen Vertrauensschutz.“ Zumal unklar sei, wie Umbauten von Ställen konkret aussehen könnten. „So einen Stall gibt es noch gar nicht. Und wir als Praktiker können uns da gar nicht hineindenken.“ In der Regel werde man auf jeden Fall zusätzliche Stallkapazitäten benötigen. Dabei kämen auf Betriebe wiederum Probleme bei der Genehmigung zu.

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Sowohl Landvolk als auch Bauernverband warnen davor, die Tierhaltung in Deutschland zu gefährden. Auf zwei Dritteln der rund 280.000 Höfe in Deutschland würden Tiere gehalten. „Landwirtschaft ohne Tierhaltung funktioniert nicht und ist nicht nachhaltig“, stellte Krüsken fest und forderte von der Politik eine gemeinsame Strategie. So sei in der Milchpolitik mehr Kontinuität nötig. Die Krise der Milchwirtschaft hat Krüsken zufolge gezeigt, das politisches Herumdoktern an einzelbetrieblichen Mengen nicht funktioniert. Hingegen sei unter anderem deutlich geworden, dass an den Lieferbeziehung zwischen Landwirten und Molkereien gearbeitet werden müsse. Das könne man nur zu einem sehr kleinen Teil der Politik überlassen. „Das ist eine Baustelle. Da müssen wir ran“, sagte Krüsken.

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Hilse erfüllt es mit Sorge, dass für junge Bauern keine Perspektive geschaffen wird. Es reiche nicht aus, wenn die Politik mehr Förderungen anbiete. „Man kann nicht auf Dauer aus dem Bauern einen Staatsangestellten machen. Das ist nicht die richtige Perspektive für einen jungen Landwirt. Der will selbst entscheiden, was er auf seinem Hof macht.“