Die Entscheidung von Bundesforschungsministerin Anja Karliczek, den Standort für die geplante Batteriezellforschung mit einer Förderung von 500 Millionen Euro nach Münster in Nordrhein-Westfalen zu geben und nicht nach Salzgitter in Niedersachsen, hat eine Welle an Protesten aus der Region Braunschweig/Salzgitter ausgelöst.

Carsten Müller, Frank Oesterhelweg, Christos Pantazis, Falko Mohrs (v.l.n.r) – Fotos: CDU Niedersachsen. SPD Niedersachsen, SPD BTF (DBT/Thomas Trutschel)

Der CDU-Landesvorsitzende aus Braunschweig, Landtagsvizepräsident Frank Oesterhelweg, richtete im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick eine deutliche Forderung an die Landesregierung: „Ich erwarte von Ministerpräsident Stephan Weil und von Wirtschaftsminister Bernd Althusmann, dass alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, die Entscheidung noch einmal zu ändern.“ Man sei „tief enttäuscht“ von dem Votum der Bundesministerin, weil die „Automobilregion Nummer eins“ dabei nicht berücksichtigt worden sei.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Carsten Müller aus Braunschweig meinte, die Niedersachsen dürften sich jetzt „nicht auf den Protest aus Baden-Württemberg verlassen“. Denn aus Stuttgart werde ein deutlich stärkeres öffentliches Eintreten für den eigenen Standort – dort Ulm – spürbar als aus Niedersachsen für Salzgitter. SPD-Fraktionsvize Christos Pantazis plädierte dafür, mit dem Standortangebot Salzgitter in Berlin offensiv zu werben und am Ball zu bleiben. „Es ist ein gutes und stichhaltiges Angebot, mit dem wir uns nicht verstecken müssen“, sagte Pantazis dem Rundblick.

In der Landespressekonferenz hatte eine Sprecherin der Staatskanzlei mitgeteilt, dass Ministerpräsident Stephan Weil am vergangenen Freitag mit Karliczek gesprochen habe – Verlautbarungen im Anschluss seien aber nicht geplant. Über Ergebnisse werde nicht öffentlich berichtet. Zwar hatten auch niedersächsische Landespolitiker verstimmt auf das Votum der Bundesministerin für Münster reagiert, allerdings war die Wortwahl von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) deutlicher. Er hatte von einer „krassen Fehlentscheidung“ gesprochen.

In Ulm stehen Gebäude und Grundstück bereit, in einigen Kilometern Entfernung hat außerdem die Batteriefabrik Varta ihren Sitz. Die Landesregierung in Stuttgart verlangte von der Bundesministerin „Erklärungen und eine Aufarbeitung“. Baden-Württemberg hätte die Ansiedlung in Ulm auch mit Landesmitteln in Höhe von 185 Millionen Euro unterstützen wollen, hieß es. Allerdings erklärten auch Weil und Althusmann vor elf Tagen, dass das Land Niedersachsen im Fall eines Zuschlags für Salzgitter Geld aus dem Etat das Landes gegeben hätte. In Baden-Württemberg wurde gestern auch in einer Landtagsdebatte über die Entscheidung gesprochen.

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Der Braunschweiger CDU-Bundestagsabgeordnete Müller nimmt Baden-Württemberg in der Debatte offensiver als Niedersachsen wahr. Auch wenn jetzt erstaunlicherweise Ministerpräsidenten unterschiedlicher Parteifarben in Berlin Kritik an der Entscheidung übten, solle man sich nicht darauf verlassen, dass „die Freunde in Baden-Württemberg den Job für Niedersachsen“ erledigten, meinte Müller gegenüber dem Rundblick. Schließlich sei das Land im Rennen um Standorte ein Wettbewerber, betonte Müller.

Die Entscheidung für Münster habe ihn wie viele andere sehr überrascht. „Auf eine Entscheidung für Münster wäre vorher vermutlich nur ein Lokalpatriot von dort gekommen.“ Der CDU-Bundestagsabgeordnete hat sich in einem Brief an Bundesforschungsministerin Anja Karliczek gewandt und darum gebeten, den Entscheidungsprozess sowie die Auswahlkriterien und -gründe dazustellen, um die Entscheidung im Detail nachvollziehen zu können.

Auch die niedersächsische SPD-Landesgruppe forderte Karliczek auf, ihre Entscheidung der Standortauswahl kritisch zu hinterfragen. So sei unter anderem der volkswirtschaftliche Nutzen nicht ausreichend berücksichtigt worden. Schließlich wäre dieser Nutzen in Regionen besonders hoch, die vom Technologiewandel in der Automobilindustrie direkt betroffen seien. In einem Brief habe man die die Ministerin daher aufgefordert ihre Entscheidung noch einmal zu prüfen und „zu einem vollumfänglich nachvollziehbaren Ergebnis zu kommen“, sagte der Wolfsburger SPD-Bundestagsabgeordnete Falko Mohrs.

Der Braunschweiger CDU-Landesvorsitzende Oesterhelweg sagte, dass auch ein „Plan B“ erwogen werden müsse. Wenn Salzgitter am Ende bei der Batteriezellforschung tatsächlich den Kürzeren ziehe, solle die Region Braunschweig doch bei der Entwicklung der Wasserstofftechnologie berücksichtigt werden. „Hier könnte dafür ein Schwerpunkt entstehen