Wie gut geht es der Nord/LB wirklich auf Dauer?
Länger als eine Stunde hat der Haushaltsausschuss des Landtags am Mittwoch mit Finanzminister Peter-Jürgen Schneider (SPD) über die Situation der Nord/LB diskutiert – hinter verschlossenen Türen. Schneider, der Aufsichtsratschef der Bank ist, versicherte anschließend, dass die Bank „aktuell und auf absehbare Zeit keinen Kapitalbedarf“ habe. Damit widersprach er Hinweisen des Politikjournals Rundblick, demnächst könnten neue Auflagen der Bankenaufsicht dazu führen, dass die Bank einen Bedarf von rund einer Milliarde Euro zur Stärkung des Eigenkapitals haben könne.
Trotz des Widerspruchs von Schneider im Ausschuss, den er anschließend auch vor Journalisten wiederholte, fügte der Minister eine Erklärung hinzu, die viele Politiker im Haushaltsausschuss nachdenklich stimmt: „Wir können derzeit nicht sicher sein, dass über höhere Anforderungen der Bankenaufsicht in den kommenden Jahren zusätzliche Eigenkapitalanforderungen entstehen. Daher ist die Bank gefordert, die Kapitalquoten mittel- und langfristig aus eigener Kraft weiter zu stärken. Daran arbeitet die Bank aktuell.“ Wie der Rundblick erfuhr, werden Vertreter der Bankenaufsicht, auch der Europäischen Zentralbank, am Freitag in Hannover mit Nord/LB-Vertretern zusammentreffen. Dabei dürfte die Finanzlage kritisch diskutiert werden.
Die Nord/LB ist momentan auf Sparkurs. Hohe Rücklagen für riskante Schiffskredit-Verträge hatten in der Bilanz im vergangenen Jahr einen Rekordverlust von rund zwei Milliarden Euro verursacht. Die Übernahme der Bremer Landesbank, für die das Land Bremen gut bezahlt wurde, schlägt außerdem zu Buche. Die Führung der Nord/LB hatte daraufhin ein Sanierungsprogramm beschlossen – unter anderem sollen in den nächsten Jahren 1250 der rund 6000 Stellen abgebaut werden. Schneider erklärte gestern im Ausschuss: „Die Nord/LB wird in diesem Jahr einen Gewinn machen und erfüllt alle Kapitalanforderungen. Auch verfügt sie über ausreichend Eigenkapital, um neue Kredite zu vergeben.“ Eine Kapitalzufuhr des Landes, das Haupteigentümer der Nord/LB ist, könne von der EU als unzulässige Beihilfe eingestuft werden, fügte der Finanzminister hinzu. In Kreisen des Haushaltsausschusses ist aber von alternativen Möglichkeiten zur Stärkung des Eigenkapitals die Rede – so könne eine Änderung der Rechtsform und Umwandlung in eine Aktiengesellschaft die Chance eröffnen, private Miteigentümer in die bisher öffentlich-rechtliche Bank einzubeziehen.
Verzögert der Finanzminister?
Der CDU-Haushaltsexperte Reinhold Hilbers sagte nach der Sitzung, die geplante Gesundung der Bankfinanzen aus eigener Kraft mit dem Sanierungsprogramm sei „sehr ambitioniert“. Es bleibe die Sorge, ob dieser Kurs erfolgreich sei. Ziel müsse es nun sein, eine Kapitalerhöhung des Landes möglichst zu vermeiden. Der FDP-Politiker Jan-Christoph Oetjen meinte, er habe den Eindruck, Finanzminister Schneider spiele „auf Verzögerung“ und beschreibe die Situation nicht schonungslos.
Die Lage drohe sich zu verfinstern, wenn sich bis Ende Oktober kein Käufer für die angeschlagene HSH Nordbank finde und der Haftungsfonds der Sparkassen und Landesbanken bei der Abwicklung einspringen müsse. Am Dienstagabend hat sich der Sparkassenverband, Miteigentümer der Nord/LB, mit den Verwaltungsratsvorsitzenden der niedersächsischen Sparkassen getroffen. Auch dort war die Lage der Nord/LB ein Thema – und die einhellige Meinung war, dass sich die Sparkassen an einer möglichen Kapitalerhöhung nicht beteiligen würden, weil sie dazu gar nicht das Geld hätten.
Die vor wenigen Tagen veröffentlichte „Konzernpräsentation“ der Nord/LB weckt nun einige Fragen – so werden dort etwa „zunehmende regulatorische Anforderungen“ und „weiterhin hohe Belastungen durch die Schifffahrtskrise“ erwähnt, ohne konkret benannt zu werden. Außerdem wird erwähnt, dass die Risikovorsorge der Bank zu Ende Juni 2017 erheblich zurückgefahren wurde.