Die Wahlsieger des Sonntags starteten sichtlich euphorisch in die neue Woche. Olaf Lies sprach in seiner Funktion als stellvertretender SPD-Landesvorsitzender von einem guten Ergebnis, über das sich die Partei nun zurecht freue. Der Wahlkampf allerdings sei „hart und intensiv“ gewesen. „Die Menschen machen sich Sorgen, das war spürbar an jeder Stelle“, berichtete Lies am Montagmorgen in der Landespressekonferenz. Aus dieser Beobachtung heraus leitete er sodann die Begründung für den Wahlerfolg der Sozialdemokraten ab: „Das war ein anderer Wahlkampf und das war auch die Grundlage für die eindeutige Entscheidung. Entscheidend war nämlich: Welche Antworten gibt die SPD und wer steht an der Spitze.“

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Ausgezahlt habe sich auch, dass die Regierung bis zuletzt „unvermindert und sogar noch intensiver“ habe weiterarbeiten müssen und dass Weil zeitgleich eine klare Haltung gegenüber der Ampel-Regierung im Bund vertreten habe, analysiert Lies. Die SPD-Landtagsfraktion starte nun mit einer „bunten Mischung“ aus alten und neuen Gesichtern – inklusive der jüngsten Abgeordneten, Toni Hillberg (24) – in die neue Wahlperiode. Weil alle Abgeordneten direkt gewählt wurden und niemand von ihnen über die Landesliste in den Landtag eingezogen ist, habe man es zudem mit einer sehr selbstbewussten Fraktion zu tun, meinte Lies. Den weiteren Weg wolle man nun gemeinsam mit den Grünen gehen, mit denen es viele Schnittmengen gebe.

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Euphorisch und ein wenig aufgekratzt war auch Anne Kura, die Landesvorsitzende der niedersächsischen Grünen. Ihre Partei wolle nun die „treibende Kraft für Aufbruch und Erneuerung sein“, sagte sie. Mit 14,5 Prozent blieben sie allerdings ein gutes Stück unterhalb der vorherigen Umfrageergebnisse zurück. Zeitweise hatte man die Grünen bei 22 Prozent gesehen, zuletzt bei 16 Prozent. Dass die Grünen sich am Ende nicht in der Deutlichkeit haben behaupten können, führte Kura auf die Fokussierung auf die Ministerpräsidenten-Frage zurück. Das Rennen um Platz Eins habe die Grünen Stimmen gekostet. Dennoch: Die Zahl der Mandate hat sich mehr als verdoppelt. Die Grünen können selbstbewusst in die Koalitionsverhandlungen starten.



Zurückhaltend blieb unterdessen die öffentliche Fehleranalyse bei den Christdemokraten. Generalsekretär Sebastian Lechner erklärte vor den Journalisten zwar, er habe eine Liste in der Schublade, die nun abgearbeitet werden müsse – was genau auf dieser Liste steht, wollte er aber noch nicht verraten. Dass die Union verloren und die SPD klar gewonnen hat, bekannte Lechner derweil unumwunden. Ihr Wahlziel, stärkste Kraft zu werden und Rot-Grün zu verhindern, habe die CDU in Niedersachsen verfehlt. „Wir haben es nicht hingekriegt, eine Wechselstimmung zu erzeugen.“ Seine Partei habe darunter gelitten, dass es im Wahlkampf kaum um landespolitische Themen gegangen sei, die Energiepreise und die Versorgungslage hätten im Vordergrund gestanden.

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Mit ihrer Kritik an der Ampel-Regierung habe die CDU die Wähler nicht erreicht. An Wahlkampfständen sei immer wieder rückgespiegelt worden, dass die Bürger sich zwar gegen den Kurs der Bundesregierung aussprächen, aber die Ursache für die derzeitigen Probleme in den Regierungsjahren der CDU sähen. „Das Ergebnis der Bundestagswahl wirkt bis hierhin nach“, sagte Lechner. Dass der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz kürzlich im Zusammenhang mit Geflüchteten aus der Ukraine von „Sozialtourismus“ gesprochen hatte, sei „nicht so glücklich“ gewesen, das habe der Niedersachsen-CDU schon wehgetan, meinte Lechner, der das Profil der Partei nun öffnen will: Soziale Themen und Integration sollen einen höheren Stellenwert bekommen. Der Kurs von Hendrik Wüst in Nordrhein-Westfalen und auch von Daniel Günther in Schleswig-Holstein könne „für die CDU insgesamt vorbildlich“ sein, sagte er.

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Während der CDU-Landesvorsitzende Bernd Althusmann bereits am Sonntagabend seinen Rücktritt angekündigt hat, muss man bei der FDP auf personelle Konsequenzen noch warten. Deren Landesgeneralsekretär Konstantin Kuhle erklärte dies am Montag damit, dass man Verantwortung für die Mitarbeiter und die Reorganisation der Partei trage. Ein sofortiger Rücktritt des Spitzenpersonals sei daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht sinnvoll. Ebenso wenig sollte die FDP auf Bundesebene nun die Regierung verlassen, warnte Kuhle – auch wenn man in der Partei als einen wesentlichen Grund für das schlechte Wahlergebnis das Bündnis mit den beiden linken Parteien SPD und Grünen ins Feld führt. Kuhle meinte, eine Regierungskrise in Berlin sei genau das, was Rechtsextreme und Putin wollten; ihr Ziel sei es, Chaos und Zwietracht in Europa zu schüren.

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Die niedersächsische AfD führt ihr gutes Wahlergebnis von 10,9 Prozent auf einen „starken Wahlkampf“ sowie auf die großen Sorgen der Bevölkerung zurück. Einen Einfluss habe aber sicher auch gehabt, dass die AfD nach langwierigen Streitereien zuletzt ihre Reihen habe schließen können, erklärte Wahlkampfmanager Jens Brockmann. Aufgrund der neuen Einigkeit ist sich AfD-Landeschef Frank Rinck auch sicher, dass die neue AfD-Fraktion die vollen fünf Jahre durchhalten wird. Dabei wolle man eine erkennbare Alternative zu den anderen Fraktionen anbieten, aber auch mit den anderen mitstimmen, wenn es inhaltliche Gemeinsamkeiten gibt, erklärte er.