Darum geht es: Das geplante Informationsfreiheitsgesetz kommt in Niedersachsen nur schleppend voran. Ein Kommentar von Martin Brüning.

„Insgesamt versuchen wir schon jetzt, wo wir es für sinnvoll halten oder ein Interesse der Öffentlichkeit vermuten, Informationen ins Netz zu stellen.“ So sagte es Regierungssprecherin Anke Pörksen kürzlich vor Journalisten in der Landespressekonferenz. Der Unterschied zwischen der selbst verordneten Transparenz der rot-grünen Landesregierung und einem Informationsfreiheitsgesetz besteht in der Einschränkung „wo wir es für sinnvoll halten“. Es geht eben nicht nur um die Auswahl dessen, was eine Behörde freiwillig ins Internet stellt und damit öffentlich einsehbar macht. Es geht genauso um den Umgang der Bürger mit dem Recht, Fragen zu stellen.

In Rheinland-Pfalz, wo es inzwischen ein solches Gesetz gibt, gingen im vergangenen Jahr 366 Anfragen von Bürgern ein. Dabei wurde schon deutlich, wo das Gesetz an seine Grenzen stößt. So fragten Bürger und Bürgervereinigungen nach Gestattungsverträgen für Windparkanlagen. Das kollidierte allerdings zum Teil mit den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der Betreiber. Die Folge: Behördenmitarbeiter mussten die angeforderten Unterlagen durchsehen und zum Teil schwärzen, „in unterschiedlichem Umfang“, wie es heißt.

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Für ein Informationsfreiheitsgesetz gibt es gute Gründe. Gegen mehr Transparenz und eine korruptionsfreie Verwaltung kann niemand etwas haben. Dennoch kann zum Teil der Eindruck entstehen, dass das geplante Gesetz die Antwort auf eine Frage ist, die nur sehr wenige gestellt haben und dass Umsetzung aufwendiger und teurer werden könnte als zum Teil dargestellt. Wenn Behördenmitarbeiter Dokumente prüfen und gegebenenfalls schwärzen müssen, ist das Aufwand, und dieser Aufwand kostet Geld. Und bevor weiteres Geld für das neue Gesetz in ein e-Akten-System investiert wird, wäre es doch gut, wenn zunächst einmal das Computersystem bei den Studentenwerken so funktionieren würde, dass eine fehlerfreie und einfache Bearbeitung der Anträge überhaupt möglich ist.

Vielleicht erübrigt sich diese Diskussion ja ohnehin, denn es sieht so aus, als sei das Informationsfreiheitsgesetz nicht ohne Grund auf die lange Bank geschoben worden. Im Februar 2014 hieß es, der Gesetzentwurf könnte bis zum Jahresende in den Landtag eingebracht werden. Mitte 2015 fragte die Opposition, wo denn eigentlich das Gesetz bleibe. Jetzt, im September 2016, heißt es, Ziel sei auf jeden Fall, das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode zu beschließen. Die Anmerkung des Justizministeriums, es gebe „sehr, sehr umfangreiche“ Stellungnahmen, lässt allerdings bereits aufhorchen und weist auf eine weitere zeitliche Verzögerung hin. „Die rot-grüne Koalition wird ein Landes-Informationsfreiheitsgesetz beschließen“, heißt im Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2013.  Dass sie das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode in Kraft treten lässt, steht dort nicht.

Vielleicht haben Teile der Landesregierung – aus gutem Grund – bereits die Lust an dem Gesetz verloren. Eine Auseinandersetzung mit den Kommunen, die das Gesetz alles andere als begrüßen, wäre im kommenden Jahr, in Sichtweite zum Landtagswahltermin, eher ungünstig. Sollte die Landesregierung zu dem Schluss kommen, dass man den Entwurf doch erst einmal wieder in der Schublade verschwinden lässt, wird sie sicher darüber informieren – wenn sie es für sinnvoll hält.

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