Angriffe auf Bürgermeister: Koalition will eine konsequente Strafverfolgung
Die zunehmenden Angriffe und Gewaltausbrüche gegenüber Amtsträgern, vor allem auch Bürgermeistern und Landräten, will die Große Koalition nicht tatenlos hinnehmen. CDU-Fraktionsvize Uwe Schünemann sagte in einer von seiner Partei beantragten aktuellen Debatte im Landtag am Mittwoch, dass seine Fraktion einen „Fünf-Punkte-Plan“ entwickelt habe. Dazu gehöre die Anerkennung und Wertschätzung für die Arbeit von Kommunalbeamten und -politikern – auch im Internet. Außerdem solle das Landeskriminalamt eine Fibel entwickeln, wie sich Amtsträger gegen Pöbeleien und Angriffe schützen können. Jeder Übergriff müsse von den Betroffenen konsequent gemeldet und angezeigt werden, die Strafverfolgung müsse ernst genommen werden und in der Politik müsse es eine „Selbstverpflichtung zum respektvollen Umgang miteinander“ geben. Innenminister Boris Pistorius (SPD) berichtete, das LKA habe 2016 insgesamt 134 Delikte gegen Amts- und Mandatsträger erfasst – unabhängig von Polizeibeamten, die daneben noch weit häufiger angegangen würden. Ein Viertel der Fälle, überwiegend Beleidigungen, richte sich gegen Bürgermeister, Landtags- und Bundestagsabgeordnete. 2017 habe es „einen leichten Anstieg“ dieser Zahlen gegeben, die aufgeschlüsselten Daten lägen aber noch nicht vor. Gerade das Internet biete viele Möglichkeiten, anonym über Amtsträger herzuziehen, erklärte Pistorius. Der SPD-Abgeordnete Bernd Lynack meinte, Bürgermeister seien „Vorposten der Demokratie“, jeder Angriff auf sie sei ein Angriff auf das demokratische System. Andererseits dürften aber „die Rathäuser nicht zu Festungen ausgebaut werden“, immerhin lebe die Kommunalpolitik „vom ungehinderten persönlichen Kontakt“.
Schwelle zur verbalen Aggression sehr niedrig geworden
Schünemann brachte für die CDU auch eine mögliche Ergänzung der Vorschriften im Strafgesetzbuch ins Spiel. Dort werden Angriffe auf Feuerwehrleute, Polizisten und Vollstreckungsbeamte besonders hart bestraft. „In meinem Verständnis muss das auch gegenüber Amtsträgern gelten“, erklärte der CDU-Politiker. Der FDP-Abgeordnete Jan-Christoph Oetjen sprach davon, dass generell in der Gesellschaft die Schwelle zu verbalen Aggressionen sehr niedrig geworden sei. „Wir dürfen nicht nur die nach dem Schutz davor fragen, sondern auch danach, wo die Ursachen für diese Veränderung liegen“, betonte Oetjen. Wenn im Kindergarten schon Vierjährige ihre Erzieherinnen anschreien, dann sei in der Gesellschaft offenbar der gegenseitige Respekt abhanden gekommen. „Es wird versäumt, den Kinder früh die Grenzen ihres Handelns aufzuzeigen. Wir brauchen also mehr Werte in der Erziehung.“
Krokodilstränen am rechten Rand
Zu einem kleinen Eklat kam es im Landtag nach der Rede des AfD-Abgeordneten Jens Ahrends. Dieser hatte eine geteilte Wahrnehmung bei der Gewalt gegen Politiker und Amtsträger beklagt. So werde über derartige Angriffe dann nicht oder weniger berichtet, wenn die Betroffenen der AfD angehören. Die AfD sei in den zurückliegenden Wahlkämpfen immer wieder attackiert worden, ohne dass dies ein mediales Echo gehabt habe. „Die Empörung über Gewalt darf nicht von der Parteizugehörigkeit abhängen“, forderte Ahrends. Darauf erwiderte später Pistorius, es gebe „eine Flut von Krokodilstränen am rechten Rand“, die Partei spreche „mit gespaltener Stimme“, da viele ihrer Politiker selbst dabei seien, Hass auf Politiker anderer Parteien zu schüren. Später entgegnete Klaus Wichmann (AfD), dass es sich nicht gehöre, wenn er Innenminister der AfD vorhalte, sie „faselt von Toleranz und Freiheit“. Dieses Verhalten sei „erschreckend“.