6. Aug. 2015 · 
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Am Rande: Großzügige Kommunen

(rb) Unterhaltspflichtige Väter, die sich um ihre finanziellen Pflichten gegenüber ihren (möglicherweise unerwünschten) Sprösslingen drücken wollen, haben nur selten die Verfolgung durch die Behörden zu fürchten. Zumidest in den Fällen, in denen die jeweilige Kommune für die ersten Lebensjahre des Kindes in die Bresche springt und den sogenannten Unterhaltsvorschuss leistet, holen sich nur wenige Kommunen das Geld bei dem säumigen Vater zurück. Es ist ein altes, leidiges Thema, das auch den Landesrechnungshof immer mal wieder beschäftigt, seitdem die Kommunen das Geschäft der Unterhaltsvorschusskasse vor vielen Jahren vom Land übernommen haben. Die gesetzliche Regelung sieht vor, dass die Kommunen im Auftrag des Landes dafür sorgen, den geleisteten Unterhaltsvorschuss bei den Unterhaltspflichtigen zurückzuholen. Dafür dürfen sie zwei Drittel der eingezogenen Beiträge behalten und müssen nur ein Drittel an das Land abführen. Wer also gedacht hat, dass die Kommunen bei einer solchen Verteilung ein großes Interesse daran haben, diese Gelder einzutreiben, der irrt. Der Rechnungshof hat in seinem Kommunalbericht festgestellt, dass nur eine der sieben überprüften Gebietskörperschaften die Ansprüche zeitnah und konsequent durchgesetzt und eine über dem Landesdurchschnitt von 19 Prozent liegende Rückholquote erzielt hat. Der Rechnungshof nennt das bereits beispielgebend. Alle anderen Kommunen konnten dies nicht erreichen; die Rückholquote liegt landesweit zwischen zwölf und 41 Prozent. Gleichwohl gehen die Richtlinien zum Unterhaltsvorschussgesetz grundsätzlich von der Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Elternteils aus, sofern dieser seine fehlende oder geminderte Leistungsfähigkeit nicht nachweisen kann. Genau dies wird aber in den Kommunen höchst unterschiedlich beurteilt. So verzichteten nach dem Kommunalbericht zwei Kommunen komplett auf diesen Nachweis und erklärten die Betroffenen grundsätzlich für leistungsunfähig; vier weiter Kommen forderten diesen Nachweis nicht konsequent. Alle zusammen verzichten auf diese Weise in weiten Teilen auf ihre Ansprüche und damit auf Einnahmen. Die Ursache dafür sieht die Hildesheimer Prüfbehörde weniger in tatsächlicher Leistungsunfähigkeit der Unterhaltspflichtigen als in Mängeln bei der Arbeitsweise der Verwaltung. So seien nur in wenigen Fallakten Vermerke über die Leistungskraft der Betroffen zu finden, Unterhaltstitel würden nicht konsequent und zeitnah erwirkt oder gar vollstreckt. Werden die Ansprüche aber nicht verfolgt, drohe die Verjährung. Ansprüche, die länger als ein Jahr lang nicht geltend gemacht würden, verfallen. Anderenfalls würden die Ansprüche erst nach drei Jahren, titulierte Ansprüche sogar erst nach 30 Jahren verjähren. Säumige Zahler müssten zudem kaum mit Konsequenzen rechnen, wenn sie Fristen oder Termine verstreichen lassen, obwohl das Gesetz bei Verstößen gegen die Auskunfts- und Mitwirkungspflicht sogar Bußgelder vorsieht – eine Möglichkeit, die die geprüften Kommunen nur sehr selten genutzt haben. az
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #149.
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