Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) favorisiert im Streit um die Bonpflicht die digitale Lösung des niedersächsischen Start-Ups „epap“. Beim Besuch des hannoverschen Start-Up-Zentrums „Venture Villa“ sagte er gestern, er wünsche sich, dass der digitale Kassenbon von „epap“ bundesweit eingesetzt werde, und er wolle dies nach Kräften unterstützen. Althusmann bekräftigte, dass er die Bonpflicht insgesamt sehr kritisch sieht. In Anbetracht der Milliardenbeträge, die in Form von Schwarzgeld am Finanzamt vorbeigeschleust werden, könne er aber das Vorgehen des Bundesgesetzgebers nachvollziehen.

Minister Bernd Althusmann (CDU, mitte) flankiert von den epap-Gründern Fabian Gruß und Jannik Dust, sowie der CDU-Landtagsabgeordneten Mareike Wulf und der Geschäftsführerin der Venture Villa. – Foto: nkw

Seit 2017 gilt in Deutschland die sogenannte Kassensicherungsverordnung, die dafür sorgen soll, dass Finanzbetrug in Gastronomie und Einzelhandel eingedämmt wird. Zuletzt war diese Verordnung aber in die Kritik geraten, weil seit 2019 auch kleine Betriebe wie zum Beispiel Bäcker für jede verkaufte Ware einen Kassenzettel ausstellen müssen. Für den Klimaschutz und auch finanziell sei das unverantwortlich, sagte Althusmann und appellierte deshalb noch einmal an eine technologische Lösung.


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Die Bundesregierung setzt darauf, dass der Wettbewerb das Problem lösen wird. Zu viele Systeme, die parallel erprobt werden, führten aber zu Verwirrung, warnt Althusmann. Der Kunde erwarte eine einheitliche Lösung. Der Wirtschaftsminister vertraut zwar auch darauf, dass sich am Markt die beste Lösung durchsetzt. Er ist allerdings bereits davon überzeugt, dass die beste Lösung gerade in Niedersachsen entwickelt wurde. Jetzt seien die Händler gefragt, ihre Kassensysteme entsprechend umzurüsten.

App ist nur Ergänzung, entscheidend ist das Kassensystem

Das vierköpfige Team von „epap“, das zum Teil über ein Gründerstipendium des N-Bank gefördert wird, hat seit 2018 eine App entwickelt, mit der Kunden ihre Kaufbelege einscannen und verwalten können. Auf diese Weise können aber nicht nur bereits ausgedruckten Kassenzettel eingelesen werden. Es ist auch möglich, dass direkt an der Kasse ein QR-Code generiert und dann vom Kunde mit seinem Smartphone erfasst wird. Die App ist für den Endverbraucher allerdings nur eine praktische Ergänzung. Wenn der Nutzer alle seine Belege einscannt, kann über die App zum Beispiel ein digitales Haushaltsbuch geführt werden.

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Für die Bonpflicht ist aber die Funktion im Kassensystem dahinter entscheidend. Bislang war das Problem, dass ein Buchungsvorgang erst dann korrekt in der Kasse erfasst wurde, wenn am Ende auch der Bon ausgedruckt wurde. Es war also möglich, dass Verkäufer nicht jeden Betrag korrekt und dauerhaft im Kassensystem hinterlegt habe, auch wenn das Geld eigentlich vereinnahmt wurde. Bei der Steuerprüfung blieben diese Summen dann illegalerweise unberücksichtigt.

Die digitale Lösung sorgt nun dafür, dass der Buchungsvorgang korrekt abgeschlossen wird – auch ohne einen realen Ausdruck. Der Kassenzettel wird digital bereitgestellt, aber nicht zwangsläufig gedruckt. Sofern der Kunde also in irgendeiner Form kontrolliert, dass er auch genau den Betrag zahlt, der im System eingespeichert ist, wird die Chance für einen Betrug zulasten des Finanzamts quasi verhindert und in jedem Fall jede Buchung wirklich erfasst.

Update für das Kassensystem ist für die Hersteller kostenlos

Wie kann sich „epap“ nun durchsetzen? Einen ernstzunehmenden Konkurrenten gebe es noch in Regensburg, erklärte gestern Fabian Gruß, einer der Gründer und Entwickler. Ein anderes Verfahren bietet zudem Rewe an – dort kann der Kunde sich den Kassenbeleg als PDF an seine Mail-Adresse schicken lassen. Das Nadelöhr seien nun aber die Kassensystem-Hersteller, so Gruß.

Weil die Kosten für eine Kassenbon-Rolle stark schwanken (zwischen 2 Euro und 5 Cent), sei es schwierig, über das Argument der Kostenersparnis in den Markt zu gelangen. Deshalb bieten sie ihre Software für die Kassensystem-Hersteller kostenlos an. Mit einer Handvoll Herstellern arbeitet „epap“ schon probeweise zusammen. So wurden bereits über 20.000 Kassen bundesweit mit ihrer Software ausgestattet. Althusmann berichtet, es gebe aber über eine Million Kassenhersteller im Bundesgebiet.

Geld verdienen will das Start-Up auch nicht mit dem Verkauf der Nutzerdaten. Das ginge zwar, man habe sich aber für eine unpersonalisierte Anmeldung entschieden, so Gruß. Außerdem bedeute die Verwendung der Kassen-Software auch nicht, dass der Verbraucher die App nutzen muss. Um den Buchungsvorgang abzuschließen, ist es nur notwendig, dass der QR-Code generiert wird, der Kunde muss ihn gar nicht einscannen. Eine Einnahmequelle sieht das Start-Up schließlich in einer Premium-Version der App, mit der dann zum Beispiel mehrere Nutzer ein gemeinsames digitales Haushaltsbuch führen können, etwa Familien oder ein Unternehmen.