Akkordarbeit im Schlachthof: Regierung sieht keine Handlungsmöglichkeiten
Die Landesregierung sieht aktuell keine Möglichkeit, die Akkordarbeit in Schlachthöfen zu verbieten. Grundsätzlich sei dies eine zulässige Form der Ausgestaltung eines Arbeitsvertrags, erklärte Prof. Michael Kühne vom Landwirtschaftsministerium in der jüngsten Sitzung des Agrarausschusses des Landtags. Es sei demnach Aufgabe der Tarif- und Vertragspartner, diesen Aspekt auszuhandeln, und nicht der Landesregierung.
Damit reagierte der Leiter der Tierschutz-Abteilung auf den gemeinsamen Antrag von Grünen und FDP, mit dem diese für bessere Bedingungen in Schlachthöfen eintreten. Die beiden Oppositionsparteien begründen ihre Forderung nach einem Verbot für Akkordarbeit in Schlachthöfen mit dem Tierschutz. Durch diese Form der Arbeit, bei der die Angestellten für eine höhere Stückzahl entsprechend besser bezahlt werden, komme es häufiger dazu, dass Tiere ohne eine ausreichende Betäubung und damit teilweise bei Bewusstsein getötet würden. Es herrsche in den Schlachtbetrieben durch dieses System ein enormer Druck auf alle Mitarbeiter in der Prozesskette, wodurch eine tierschutzgerechte Schlachtung nicht immer gewährleistet werden könnte.
Auch die Sozialdemokraten hatten sich im März-Plenum für diesen Aspekt des Antrags empfänglich gezeigt. Im Agrarausschuss erklärte Karin Logemann (SPD) nun, man werde einen entsprechenden Änderungsantrag einbringen: „Wir haben hier einen Bereich, wo Akkordarbeit nicht stattfinden darf.“
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Miriam Staudte, Agrarpolitikerin der Grünen, wollte sich mit der Antwort aus dem Ministerium noch nicht zufriedengeben. Das Land müsse auf die Tarifpartner zugehen oder auf Bundesebene der Sache nachgehen, forderte sie im Agrarausschuss. „Wenn Akkordarbeit für Schwangere oder Minderjährige verboten werden kann, dann muss sich die Landesregierung dafür einsetzen, dass die Arbeit im Schlachthof auch dazukommt.“
Prof. Kühne verwies allerdings auf eine Hintertür, durch die bereits jetzt auf unzureichende Arbeitsbedingungen reagiert werden kann: „Wenn die Personenzahl und -qualifikation nicht ausreicht, um tierschutzgerecht zu schlachten, darf die Schlachtung untersagt werden.“ In einem Leitfaden habe das Landwirtschaftsministerium bereits für einige Arbeitsschritte geregelt, wie viel Zeit diese mindestens brauchen – etwa zwischen dem Schnitt zur Entblutung des Tieres und der Weiterverarbeitung. Sollte ein Fall bekannt werden, in dem die Zahl der tatsächlichen Arbeiter im Schlachtbetrieb nicht ausreicht, um dies zu gewährleisten, müsse die Schlachtfrequenz verringert reduziert werden.
Staudte griff in der Sitzung des Agrarausschusses diese Anmerkung auf und schlug vor, das Ministerium solle die nötige Personalzahl und die entsprechende Taktung der Schlachtungen empirisch ermitteln und dann per Erlass konkret festschreiben. Dabei sieht Prof. Kühne allerdings eine Schwierigkeit darin, dass die Schlachtbetriebe in Niedersachsen von ihren Strukturen und Räumen her sehr unterschiedlich seien und es deshalb schwierig werden könnte, einheitliche Zeiten vorzugeben. „Es gleicht der Quadratur des Kreises, hier Zahlen in einem Erlass festzulegen.“ Man sei noch nicht so weit, eine Definition vorzunehmen, behalte aber im Hinterkopf, dass rote Linien deutlich aufgezeigt werden müssten.
Kontrollen reichen noch nicht aus
Gesetze und Regeln seien zwar das eine, ein größeres Problem bestehe aber offenbar in der Durchsetzung. „Trotz Kontrollen kommt es zu Vorfällen. Was schon da ist, haut also nicht hin“, kritisierte Logemann von der SPD. Deshalb sei es eine Frage des Systems und wie man die Interessen von Unternehmen, Arbeitern und des Tierschutzes zusammenbringe. Logemann fordert deshalb erneut eine Stärkung der Veterinäre.
Auch Prof. Kühne sieht ein großes Problem bei den Kontrollen. Zwar wurde die Zahl der Schlachthofkontrollen im vergangenen Jahr bereits stark erhöht und in diesem Jahr wurden bereits 40 Kontrollen durchgeführt. Doch diese seien landesweit noch sehr unterschiedlich in der Intensität, erläutert Prof. Kühne. Deshalb kommt er zu dem Schluss: „Die Unternehmen müssen gemeinsam mit den Überwachungsbehörden das Problem in den Griff kriegen.“