AfD: So verlor Armin-Paul Hampel den Vorsitz
Am Vormittag, als gerade der Versammlungsleiter gewählt war, deutete noch alles auf eine rasche Klärung hin. Niedersachsens AfD, gespalten in verfeindete Lager um den langjährigen Landesvorsitzenden Armin-Paul Hampel hier und die Landtagsfraktionsvorsitzende Dana Guth dort, wollte sehr zügig den seit Jahren schwelenden Machtkampf entscheiden. Rund 530 Mitglieder waren dazu in die Braunschweiger Stadthalle gekommen, für den Mittag wurde die Abstimmung erwartet. Doch dann zog sich alles hin, quälend lang – und am Ende war es ein bitterer Tag für Armin-Paul Hampel, der lange Zeit als bestimmende Figur des Landesverbandes die Richtung vorgegeben hatte. In einer Kampfabstimmung unterlag der 60-Jährige mit 205 Stimmen gegen die 47-jährige Dana Guth aus Herzberg bei Göttingen, die 280 Stimmen erhielt. Die Versicherungsmaklerin ist seit vergangenen November auch Vorsitzende der AfD-Landtagsfraktion.
Der für Hampel so schicksalhafte Landesparteitag hatte mit einer einpeitschenden Rede des Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen begonnen, und die Regie wurde kurz danach mit einem brisanten Bericht zur Kassenlage total durcheinander gewirbelt. Seit der Bundesvorstand im Januar den Landesvorstand um Hampel abgesetzt und selbst die Verwaltung des Landesverbandes übernommen hatte, war es Sache des Bundes-Kassenprüfers Christian Waldheim aus Schleswig-Holstein, die niedersächsischen Finanzen unter die Lupe zu nehmen. Normalerweise eine lästige Pflichtübung. Doch sein Bericht, der dann entgegen der ursprünglichen Planung doch bei Anwesenheit der Presse erörtert wurde, wirkte auf die weiteren Abläufe wie Sprengstoff. Eine heftige emotionale Debatte entbrannte, Hampel-Befürworter und -Gegner gifteten sich gegenseitig an, der Ruf nach rechtlichen Konsequenzen und Regress wurde laut. Hampel selbst warf dem Kassenprüfer „ein perfides Spiel“ vor und meinte, ehrschaffende Mitglieder würden „an den Pranger gestellt“. Dagegen verwahre er sich und gebe sein „Ehrenwort“, dass „alle meine Abrechnungen korrekt“ gewesen seien.
Auffälligkeiten bei den Ausgaben
Der Bundesverband hat die Ausgaben des Landesverbandes zwischen 2013 und Ende 2017 überprüft, Hampels Amtszeit als Landesvorsitzender hatte Ende 2013 begonnen. Wie Waldheim erläuterte, hat es in diesen Jahren bis zu 90 Ausgaben gegeben, für die keine nötigen Belege vorgelegen hätten. Es gehe um 27.333 Euro, Vorschüsse für Reisekosten, die Hampel selbst betreffen, sollen in Höhe von 16.539 Euro angefallen sein. Waldheim erwähnte mehrere Auffälligkeiten: Viele Ausgaben etwa für Bewirtungen oder Übernachtungen von Vorstands-Klausurtagungen seien „ohne finanzwirksame Beschlüsse“ angewiesen und bezahlt worden, außerdem waren da merkwürdige Einzelposten – ein altes Feuerwehrfahrzeug, das 2013 angeschafft und später an den Kreisverband Göttingen verkauft wurde, aber weiter in den Büchern aufgeführt wurde, außerdem ein Lastwagen, den die Firma eines Parteifreundes für 27.000 Euro verkaufte, für den die AfD aber nur 14.000 Euro ausgab. Seltsam war auch ein Beratungsauftrag an einen Journalisten für 9044 Euro, für den auch Belege fehlten. Bei den Posten, die Hampel selbst zugutekamen, spielten neben Reisekosten auch zwei Notebooks, ein Abonnement der „Jungen Freiheit“ und ein Internet-Zugang eine Rolle.
Hampel reagierte empört
Hampel reagierte empört auf diese Darstellung. „Unterschlagen“ habe der Kassenprüfer, dass Landesvorsitzender und Schatzmeister die Berechtigung zu freien Ausgaben bis zur Höhe von 3000 Euro gehabt hätten. Ein Hinweis, der auf dem Parteitag allgemein überraschte. Er sei in seiner Zeit als Landesvorsitzender 250.000 Kilometer gefahren, rechtfertigte sich Hampel, habe sich für das Ehrenamt aufgerieben und natürlich auch Ausgaben abgerechnet – etwa für das Internet, da er zuhause einen schlechten Empfang habe. „Waldheim hätte besser nachfragen müssen, man hätte ihm dann manches erklären können“ – etwa auch, dass der frühere Schatzmeister einige Belege wohl noch in seinem Privatbesitz haben müsse.
Nach Hampels Rede sprangen einige seiner Anhänger auf und klatschen frenetisch, vor allem als er sagte: „Ich lasse mich von niemanden von meinem Weg abbringen – nicht von den Medien, der Staatsanwaltschaft oder innerparteilichen Gegnern.“ Kurz danach erwiderten die bisherigen Vize-Landesvorsitzenden Jörn König und Wilhelm von Gottberg knapp und trocken, sie hätten im Unterschied zu Hampel „nie auch nur eine Dienstreise abgerechnet“. Christiane Wichmann aus Burgdorf erklärte, sie verweile öfter in Jugendherbergen und sei entsetzt, wenn nun deutlich werde, „dass der Vorstand im Maritim nächtigt“: „Da geht den Leuten an der Basis der Hut hoch.“
Wir haben uns jahrelang einen Vorsitzenden geleistet, der gegen geltendes Recht verstoßen hat.
Stefan Marzischewski aus Gifhorn
Bundesvorstandsmitglied Kay Gottschalk aus NRW, der bisher im Auftrag des Bundesvorstandes den Landesverband verwaltete, hielt Hampel eine „Selbstbedienungsmentalität“ vor und meinte, das Verhalten könne noch „rechtliche Konsequenzen haben“. Stefan Marzischewski aus Gifhorn wütete: „Wir haben uns jahrelang einen Vorsitzenden geleistet, der gegen geltendes Recht verstoßen hat.“ Ein Hampel-Anhänger hielt dagegen, der Auftritt des Kassenprüfers erinnere ihn an „eine Hexenjagd“ – und der Bundesverband habe offenbar vor, dem langjährigen Landesvorsitzenden Hampel zu schaden.
Hatte doch der Bundesvorsitzende Jörg Meuthen zu Beginn auch betont, ohne einen Namen zu nennen: „Wer sein Ego über das ganze stellt, ist bei uns fehl am Platze – und wenn er es nicht versteht, muss er es eben lernen und gehen.“ Das schien, wie viele Teilnehmer später meinten, auf Hampel gemünzt gewesen zu sein, da das Verhältnis zwischen den beiden auf das Äußerste gespannt ist.
Die Finanzdebatte warf einen Schatten auf den Parteitag, sodass bei der anschließenden Wahl die Lager gefestigter denn je schienen. Hampel sagte in seiner Vorstellungsrede, er kämpfe „um meine Ehre“, hielt der Gegenkandidatin Guth vor, die Partei für die Juniorpartnerschaft in einer Koalition vorbereiten zu wollen. „Wenn schon Koalition, dann nur als Seniorpartner.“ Der Bundestagsabgeordnete Dietmar Friedhoff (51) aus Neustadt, Diplomingenieur für Elektrotechnik, einstiger psychologischer Coach in der Wirtschaft und Kampfsportler, warb für eine „neue Diskussionskultur“ in der Partei, die er als Vorsitzender stärken wolle, und Fraktionschefin Dana Guth (47) versprach für den Fall ihres Erfolges „eine stärkere Beteiligung der Basis“ an wichtigen strategischen Entscheidungen.
Im zweiten Wahlgang standen sich dann nur noch Guth und Hampel gegenüber, Hampel verlor den Zweikampf dann doch mit 75 Stimmen Unterschied. Er trug die Niederlage mit Fassung – und drückte Guth zum Glückwunsch kurz die Hand. Bei der Wahl der Stellvertreter wurde Hampel zwar vorgeschlagen, er verzichtete aber. (kw)