Acht oder fünf Jahre – eine wichtige Frage für Bürgermeister
Darum geht es: Die beiden großen Parteien unterscheiden sich sehr klar in einem wichtigen Punkt. Die SPD will dabei bleiben, die Amtszeiten von Rat und Kreistag einerseits, Bürgermeister und Landrat andererseits anzugleichen – auf jeweils fünf Jahre. Die CDU will die Verwaltungschefs stärken und zurück zur achtjährigen Amtszeit. Ein Kommentar von Klaus Wallbaum.
Gute Kommunalpolitik setzt Leidenschaft voraus, und so wird es auch künftig bleiben. Da mag die Klage über die mangelnde Bereitschaft vieler Bürger, sich ehrenamtlich zu betätigen oder als Kandidat für den Posten eines hauptamtlichen Hauptverwaltungsbeamten zu kandidieren, noch so groß sein. Am Ende helfen nicht eine bessere Besoldung, eine längere Amtszeit oder eine größere Machtfülle, um Zweifelnde zu überzeugen. Wer Bürgermeister oder Landrat werden will, der sollte Spaß daran haben, sich für die Menschen in seiner Heimat einzusetzen. Die Bedingungen, unter denen er das tut, müssen zweitrangig sein. Niedersachsen hat gegenwärtig eine stattliche Riege an durchaus ehrenwerten kommunalen Verwaltungschefs, engagierten Frauen und Männern. Über viele von ihnen wird man mit Fug und Recht sagen können: Die manchen ihre Aufgabe gern, weil sie diese als Berufung ansehen, nicht nur als Job, der ihnen ein Einkommen beschert.
Eine ganz andere Frage ist nun, ob dieser Befund zu dem Schluss führen muss, dass die Kommunalverfassung in der gegenwärtigen Form schon optimal ausgestaltet wäre. Sie ist es nicht. In der Bürgerbeteiligung hatte Rot-Grün im Jahr 2016 einiges reformiert, viele Grüne wollten noch viel mehr, viele Sozialdemokraten bremsten. Tatsächlich besteht heute nun Korrekturbedarf, denn nach gegenwärtigem Recht können Gegner sinnvoller Vorhaben, etwa der Klinik-Fusion in Ostfriesland, notwendige Reformen mit irrationalen Kampagnen blockieren. Mit feineren und genaueren Formulierungen im Gesetz ließe sich hier manches noch nachbessern. Wenn wichtige Fragen den Bürgern zur Entscheidung vorgelegt werden, dann sollte bestmöglich sichergestellt werden, dass die Vor- und Nachteile auch angemessen und nachvollziehbar vermittelt werden. Ein zu großer Freiraum für Bürgerbegehren und -entscheide beschneidet außerdem die Möglichkeiten der kommunalen Ratsmitglieder, und das ist von Nachteil. Die vielen ehrenamtlichen Vertreter der Parteien, die nach Feierabend Verwaltungsvorlagen studieren und über Bauvorhaben der Gemeinde entscheiden, haben mehr Vertrauen verdient. Sie sind Anwälte der Bürger, durchaus auch gegenüber der Kommunalverwaltung; ihre Rolle sollte gestärkt und nicht geschwächt werden.
Daneben gibt es aber noch eine andere Ebene. Die hauptamtlichen Bürgermeister und Landräte werden direkt vom Volk gewählt – sie stehen an der Spitze der Mitarbeiterschaft in den Rat- und Kreishäusern. Sie sollen Impulse in die Verwaltung geben, wichtige Vorhaben zum erfolgreichen Abschluss steuern und die gesamte Entwicklung ihrer Kommune im Blick behalten. Idealerweise sind Bürgermeister und Landräte gute Kommunikatoren, die immer einen Weg finden, mit der Mehrheit ihres Rates oder Kreistages an einem Strang zu ziehen. Doch das hängt nicht immer von der Person an der Spitze ab, und so sind Konflikte durchaus keine Seltenheit, im schlimmsten Fall blockieren sich Kommunalvertretung und Verwaltungschef gegenseitig. Von beiden Seiten sind Klagen zu hören. Engagierte Ehrenamtliche halten den Hauptverwaltungsbeamten Arroganz und Überheblichkeit vor. Aus den Kommunalverbänden, die unter hohem Einfluss der Hauptamtlichen stehen, ist von ständig mäkelnden und wenig konstruktiven Räten die Rede.
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In der aktuellen Debatte hat sich die SPD mehr auf die Seite der Ehrenamtlichen gestellt, denn die von Rot-Grün beschlossene Absenkung der Amtszeiten von einst acht auf jetzt fünf Jahre ist der Versuch, die Bürgermeister und Landräte an die Amtszeit der Kommunalvertretung zu koppeln. Sie werden dann tatsächlich zu den „Spitzenkandidaten“ ihrer Parteien bei den Kommunalwahlen, ein höherer Einfluss der Parteien auf die späteren Verwaltungschefs ist damit wahrscheinlich. Die CDU steht mehr auf der Seite der Administration, sie hat eine möglichst effektive und geordnete Kommunalpolitik im Blick – und stört sich beispielsweise auch stärker an dem Phänomen der „Zersplitterung“ der Kommunalparlamente. Da es keine Fünfprozenthürde gibt und die Ausschusssitze in den Städten und Kreisen nach Hare-Niemeyer verteilt werden, sind kleine Gruppen bei der Sitzverteilung im Rat nicht selten überrepräsentiert – und die Koalitionsbildung ist oft enorm schwierig. In einer in viele kleine Grüppchen aufgeteilten Volksvertretung, der ein Wille zur Kooperation fehlt, lässt sich keine vernünftige Politik durchsetzen.
Was nun tun? Die Rückkehr zur achtjährigen Amtszeit scheint keine nachhaltige Lösung zu sein, weil die bloße Stärkung der Verwaltungsspitze die Probleme nicht wirklich beseitigt. Eine Überarbeitung der Kommunalverfassung ist dennoch sinnvoll unter zwei Prämissen. Erstens sollte die direkte Bürgerbeteiligung nur nach strengen Regeln und Bedingungen möglich sein, zweitens sollte ein Rat oder Kreistag, der aus mehreren einander unversöhnlich gegenüberstehenden Fraktionen besteht, die Verwaltungsarbeit des Bürgermeisters oder Landrats nicht länger blockieren können. Das ist ein großes Ziel für die nächste Landesregierung – aber es lohnt die Mühe.