117 Millionen Euro für die Belebung der Innenstädte
Das Geld kommt von der EU, ist zur Bewältigung der Corona-Folgen gedacht und soll in Vorhaben fließen, die spätestens im März 2023 abgeschlossen sein müssen. Nun haben sich Europaministerin Birgit Honé (SPD), Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) und Bauminister Olaf Lies (SPD) verständigt, 117 Millionen Euro für die Belebung der durch Corona geplagten Innenstädte auszugeben. Bis zum 15. Juli müssen die Kommunen nun Konzepte beim Europaministerium eingereicht haben, diese können sich um Strategien zur Belebung der Stadt- und Ortszentren drehen, um Schritte gegen den Leerstand von Immobilien, um die Belebung des Handels, neue Kulturangebote, mehr Klimaschutz und die stärkere Lenkung der Verkehrsströme.
Im September teilt Honés Ministerium dann die Förderbudgets zu, ab 1. Oktober (also nach der Kommunalwahl) kann dann die konkrete Förderung beantragt werden. Alle Gemeinden oder Samtgemeinden, die mindestens 10.000 Einwohner haben, können sich beteiligen – aber durchaus möglich sind auch Verbünde mehrerer Samtgemeinden oder Gemeinden, die dann zusammen mehr als 10.000 Einwohner haben. Die Fördersummen sind gestaffelt: maximal 320.000 Euro für Kommunen bis 25.000 Einwohner, 650.000 Euro bis 40.000 Einwohner, 900.000 Euro bis 65.000 Einwohner und 1,5 Millionen Euro für die noch größeren Städte.
Alles soll raus – Zwischenbilanz im Februar
Honé betonte, das Geld sei so bemessen, dass im Grunde jede niedersächsische Kommune über 10.000 Einwohner zum Zuge kommen kann. „Wir wollen alles ausgeben, und deshalb werden wir im Februar 2022 Zwischenbilanz ziehen und die Antragseingänge sichten. Anschließend könnten die Summen umverteilt werden.“ Sie fügte hinzu, dass es für die größeren Städte (etwa Hannover, Braunschweig, Osnabrück, Oldenburg) noch ein Sonderprogramm im Umfang von 63,5 Millionen Euro geben wird, an dessen genauen Kriterien derzeit noch gearbeitet wird. Was das neue 117-Millionen-Programm angeht, sind einige Sonderbedingungen zu beachten. So ist festgelegt, dass bis zu 90 Prozent des Konzeptes gefördert werden können und dass mindestens 25 Prozent der Summe in Projekte des Natur- und Klimaschutzes fließen müssen (etwa Flächenentsiegelung, Begründung oder Bau von Solaranlagen).
Immer wieder werden als mögliche Wege genannt eine Anmietung leerstehender Gebäude zur vorübergehend mietfreien Unterbringung von Startups, die Förderung des Abrisses von Schrottimmobilien oder die Beschäftigung eines Innenstadt-Managers, der Konzepte für die Belebung der Innenstadt entwirft und diese im Dialog mit Anwohnern und Investoren umsetzt. Lies betonte, dass das Programm seine Kraft nur entfalten kann, wenn es mit anderen Fördermöglichkeiten verknüpft wird. So wäre eine Mitfinanzierung eines City-Managers nur maximal drei Jahre lang möglich – danach müsste die Kommune die vollständigen Kosten selbst übernehmen.
Spekulation keinen Vorschub leisten
Nicht ohne Schwierigkeiten ist auch der Plan, leerstehende und verfallende Gebäude – oft auch wertvolle Denkmale – in den Innenstädten zu erhalten, indem die Kommune diese erwirbt und an kluge Investoren veräußert. Häufig haben die Eigentümer überhöhte Preisvorstellungen, und das Programm schließt die Förderung des Erwerbs dieser Immobilien ausdrücklich aus – denn der Spekulation solle kein Vorschub geleistet werden. Mit einem „Mix an Instrumenten“ kann man nach Ansicht von Honé, Lies und Althusmann dennoch vorgehen.
So erlaubt das Ende Mai auf Bundesebene erlassene „Baulandmobilisierungsgesetz“ bereits, dass die Kommune bei einem Übergang auf neue Eigentümer ihr Vorkaufsrecht nutzen und dann auf einen Preis nur nach dem Verkehrswert bestehen kann. Lies erklärt, er wünsche sich noch mehr Instrumente, nämlich die Pflicht für die Eigentümer, das Gebäude unter bestimmten Umständen auch an die Kommune zum Verkehrswert verkaufen zu müssen. Dazu reichten die rechtlichen Mittel bisher aber leider noch nicht aus.
Skepsis beim Online-Handel
Honé, Althusmann und Lies sind skeptisch, was Erwartungen angeht, man könne den Online-Handel zugunsten des herkömmlichen Einkaufsverhaltens wieder einhegen. „Das haben die Menschen so entschieden, der Online-Weg wird nicht zurückgedrängt werden“, meinte Honé. Althusmann ergänzte, er sehe das ähnlich, auch wenn es Überlegungen gebe, etwa den Warentransport zu verteuern und damit die Lieferdienste zu belasten.
Lies erklärte, ein Weg könne in der Rückkehr des Lebensmittel-Einzelhandels in die Innenstädte liegen. Wenn die Menschen zum Einkauf von Nahrungsmitteln wieder in die Stadt kämen statt den Supermarkt am Stadtrand anzusteuern, hätten die Städte eine bessere Chance mit ihren Angeboten. Das sei eine Herausforderung an Stadtplaner und Wirtschaftsförderer.