Wahl am 11. September: Alle Blicke richten sich auf Celle
Im Vergleich mit Landtags- oder Bundestagswahlen sind Kommunalwahlen in der Regel für die breite Öffentlichkeit wenig interessant. Man will zwar schon wissen, wer vor Ort gewinnt – und spannend ist sicher auch die Frage, ob eine Partei landesweit abrutscht oder aufsteigt. Das gilt gerade jetzt, anderthalb Jahre vor der nächsten Landtagswahl. Aber Kommunalwahlergebnisse kommen wegen der langwierigen Auszählung meist sehr spät, oft erst am nächsten Tag, frühe Einzelergebnisse sind landesweit nicht repräsentativ, bis zu einer verlässlichen Bewertung vergeht viel Zeit. Das nimmt jedem Wahlabend den Reiz.
Oft werden Kommunalwahlen attraktiver wegen der Direktwahlen von Oberbürgermeistern und Landräten, die parallel stattfinden. Je größer die Stadt oder der Kreis, je populärer die Kandidaten für den Posten des Verwaltungschefs, desto größer ist die Aufmerksamkeit. Am 11. September werden in sechs Landkreisen die Landräte neu bestimmt, außerdem in einer größeren Stadt ein Oberbürgermeister: Celle. Tatsächlich ist Celle landesweit wohl mit Abstand am interessantesten, weil in dieser CDU-Hochburg seit siebeneinhalb Jahren ein Sozialdemokrat auf dem OB-Stuhl sitzt, der nun um seine Wiederwahl kämpft – der Jurist und Verwaltungsexperte Dirk-Ulrich Mende (58). Die CDU präsentiert einen jungen Seiteneinsteiger: Jörg Nigge (41), ein promovierter Wirtschaftswissenschaftler mit reichlich Auslandserfahrung, der auch in den USA studiert hat und bei der Bundeswehr als Offizier im Generalstab tätig gewesen ist. Vom Wahlausgang in Celle kann ein Signal ausgehen. Gewinnt der CDU-Bewerber, so kann die Union Mut schöpfen für einen Sieg auch bei der Landtagswahl. Siegt der Amtsinhaber Mende, so kann die SPD selbstbewusst verkünden, sich weiterhin auch in einer eher konservativen Stadt behaupten zu können.
Die sechs Landratswahlen wirken vergleichsweise unspektakulär. Vielleicht sticht noch Göttingen heraus, wo Landrat Bernhard Reuter (SPD) im Amt bestätigt werden möchte – diesmal in einem vergrößerten Kreisgebiet, denn der einstige Kreis Osterode kommt hinzu. Reuter, langjähriger Vorsitzender des Landkreistages, ist klarer Favorit, wird auch von den Grünen gestützt. Die CDU hat den Agrarwissenschaftler Ludwig Theuvsen aufgestellt, die FDP ihre Stadtvorsitzende Felicitas Oldenburg, die Linke ihren Kreistagsfraktionschef Eckhard Fascher.
Die anderen Kreise mit Landratswahlen sind entweder klein, arm – oder in ihrer landesweiten Bedeutung bisher nicht so herausragend. In Peine will Franz Einhaus (SPD) das Amt verteidigen, die CDU hat den Pfarrer Burkhard Budde aufgestellt, die Grünen setzen auf Heiko Sachtleben. Einhaus gilt als einflussreicher SPD-Kommunalpolitiker auf Landesebene, er ist auch der klare Favorit. In Peine waren Gespräche über eine Fusion mit dem Kreis Hildesheim geführt worden, doch das wurde von der Landesregierung nicht mit Sympathie begleitet – mutmaßlich, weil ein größerer Kreis Hildesheim-Peine einen Zugzwang zur kommunalen Neuordnung im Raum Braunschweig ausgelöst hätte. Nun muss auch in Hildesheim ein Nachfolger für Landrat Reiner Wegner (SPD) bestimmt werden, die SPD hat den Ersten Kreisrat Olaf Levonen nominiert, die CDU ihren Kreistagsfraktionschef Christian Berndt, früher Haushaltsexperte im Kultusministerium. Die FDP schickt Martin Gottschlich.
Im Kreis Helmstedt, der zu den ärmsten des Landes zählt, stehen sich der von der SPD aufgestellte Erste Kreisrat Hans-Werner Schlichting, der parteilose Polizeibeamte Gerhard Radeck (für die CDU) und der Parteilose Jörg Pohl gegenüber. Im Kreis Wittmund kommt es zum Duell zweier jüngerer Bewerber – der Landtagsabgeordnete Holger Heymann (38, SPD) und Hendrik Schultz (40, CDU), Sohn des langjährigen Landrats Henning Schultz. Im Kreis Leer tritt für die SPD der Europaabgeordnete Matthias Groote (42) an, für die CDU Dirk Lüerßen (43), der Geschäftsführer der Wachstumsregion Ems-Achse. Der Wettstreit der Kandidaten in beiden ostfriesischen Kreisen dürfte regional interessant werden – doch die landesweite Ausstrahlung dieser Landratswahlen bleibt sehr in Grenzen. (kw)