Im Islamismus-Untersuchungsausschuss hat Siegfried Maetje, Staatsschutz-Abteilungsleiter beim Landeskriminalamt, am Mittwoch von einer starken Belastung seiner Behörde gesprochen. Niedersachsen erlebe, wie andere Bundesländer, eine „rasante Entwicklung der politisch motivierten Ausländerkriminalität“, erklärte Maetje. Es gebe hierzulande eine „anhaltend hohe abstrakte Gefährdung“ durch islamistische Extremisten, die Anschläge verüben wollten. Diese könne „jederzeit konkret werden“. Der Abteilungsleiter räumte ein, dass die Möglichkeiten des LKA, alle Fälle einer möglichen „Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat“ selbst zu bearbeiten, schnell erschöpft seien. Daher habe man entschieden, die Staatsschutz-Abteilungen der Polizeidirektionen mit der Bearbeitung vieler Fälle zu betrauen. Die Zusammenarbeit zwischen LKA, Verfassungsschutz und Polizeidirektionen klappe gut, es gebe einen regelmäßigen Informationsaustausch zwischen den Sachbearbeitern und auch zwischen den Führungskräften. Maetje musste aber einräumen, dass das Landeskriminalamt keine Fachaufsicht über die Polizeidirektionen ausüben kann, also nicht sicherzustellen vermag, dass diese die LKA-Richtlinien zum Umgang mit verdächtigen „Gefährdern“ auch korrekt befolgen.

Im Zusammenhang mit dem Fall der 15-jährigen Safia S., die Ende Februar ein Messerattentat auf einen Polizisten im hannoverschen Hauptbahnhof verübt hatte, waren schwere Mängel in der Polizeiarbeit zutage getreten. Schon einen Monat vor dem Attentat war das islamistisch radikalisierte Mädchen nach seiner Rückkehr aus der Türkei von der Polizei am Flughafen empfangen worden, zwei Handys von ihr wurden sichergestellt – aber die Beamten der Polizeidirektion Hannover werteten den Chat nicht gut genug aus, obwohl Safia S., wie sich später herausstellte, dort eine „Märtyreroperation“ ankündigte. Nun besteht der Verdacht, dass die Polizei-Staatsschützer die LKA-Richtlinien nicht richtig befolgt hatten. Außerdem gibt es Hinweise, dass das Bundeskriminalamt wenige Tage vor dem Messerattentat beim LKA in Hannover nachforschte, wie es sich mit Safia S. verhalte. Das LKA soll dann versucht haben, bei der Polizeidirektion Informationen zu erhalten, den zuständigen Beamten aber erst tagelang nicht erreicht haben. Das LKA sandte dann offenbar eine Mail an das BKA, die entlastend klang: Die Auswertung von Safias Telefon habe keine Hinweise gebracht, die die Vorbereitung einer schweren Gewalttat hätten stützen können. Diese Falschauskunft war offenbar nur möglich, weil die Arbeit der Polizeidirektion mangelhaft war.

Maetje ging im Ausschuss nicht näher auf diese Probleme ein. Im öffentlichen Teil wies er aber auf die problematische Lage hin: 2015 sind rund 850 deutsche Islamisten nach Syrien und in den Irak gereist, 70 kamen aus Niedersachsen. 140 von diesen 850, darunter 15 aus Niedersachsen, sollen bei Kämpfen gestorben sein. Ein Drittel der ausgereisten Personen sei nach Deutschland zurückgekehrt. Im Fokus des Landeskriminalamtes sei derzeit eine „niedrige dreistellige Zahl“, erklärte Maetje. Nicht alle, die darunter fallen, könnten aber „Gefährder“ genannt werden. 2013 habe diese Gruppe „nur aus Einzelfällen“ bestanden, sagte der LKA-Beamte.