Die von der Landesregierung geplante erhebliche Absenkung der Erdöl- und Erdgas-Förderabgabe hat am Mittwoch im Landtag zu einem heftigen Schlagaustausch geführt. Stefan Wenzel (Grüne) und Jörg Bode (FDP) warfen insbesondere Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) vor, die Entscheidung im Eiltempo durch das Parlament zu peitschen – obwohl wichtige Informationen auch in vertraulicher Sitzung des Wirtschaftsausschusses nicht gegeben worden seien. Althusmann gestand zwar „ein etwas hohes Tempo“ ein, betonte aber, die Veränderung müsse jetzt zügig geschehen, da sonst „ein Milliardenrisiko“ für den Landeshaushalt bestehe. Die Verringerung der Förderabgabe rückwirkend auf Null für 2020 und die massive Absenkung für die Zukunft ist Bestandteil eines Vergleichs zwischen dem Land einerseits, Förderunternehmen auf der anderen Seite, der ausverhandelt ist und bis zu diesem Mittwoch auf eine Freigabe durch den Landtag wartete. In der gestrigen Landtagssitzung hat die Große Koalition aus Sozial- und Christdemokraten dazu einen Beschluss gefasst. Die Forderung von Grünen und FDP, den Tagesordnungspunkt abzusetzen und gründlicher zu beraten, fand bei der Mehrheit im Parlament keinen entsprechenden Widerhall. Die Landesregierung hatte erstmalig erst am 12. Januar ihr Anliegen dem Landtag übermittelt.

Ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts in Greifswald, das die Abgabe in Mecklenburg-Vorpommern betraf und vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt wurde, hatte offenbar Erdöl- und Erdgasfirmen in ihrer Klagefreudigkeit gegenüber dem Land Niedersachsen ermuntert. Bis ins Jahr 2013 zurückreichende Förderbescheide wurden angegriffen. Ein Rechtsgutachten dazu, das in einer vertraulichen Wirtschaftsausschuss-Sitzung vorgestellt wurde, bestätigte die Übertragbarkeit des Sachverhalts und damit das Risiko einer juristischen Niederlage. Diese Einschätzung wird aber von Grünen und FDP angezweifelt. Zum einen seien die von der Landesregierung bisher gegebenen Angaben nicht ausreichend, zum anderen sieht FDP-Mann Bode große Zweifel, ob eine notwendige volkswirtschaftliche Abwägung tatsächlich vorgenommen worden sei – zumal doch die Bodenschätze vor allem Allgemeingut seien. „Wenn ich mir diese Vereinbarung für die nächsten zehn Jahre anschaue, haben wir hier ein Ausbeutungsabkommen, bei dem die Chinesen in Afrika die Korken knallen lassen würden. Die volkswirtschaftlichen Folgen sind verheerend“, sagte Bode. Wenzel ergänzte, er wundere sich über die Aussagen von Althusmann über ein angebliches „Milliardenrisiko“. „Wenn das so ist, dann frage ich mich, warum SPD und CDU das nicht vor den Haushaltsplanberatungen offen gesagt haben.“ Skeptisch mache ihn auch, dass die Landesregierung bisher selbst in vertraulicher Sitzung nicht einmal die Namen der Kläger genannt habe.

Die Vorwürfe von Grünen und FDP führten zu einer aufgewühlten Stimmung in der Landtagssitzung. Der SPD-Wirtschaftsexperte Christos Pantazis nannte das Auftreten von Wenzel „unwürdig“. Die Landesregierung versuche, „Rechtsunsicherheiten in Milliardenhöhe zu beseitigen“, während die Grünen dagegen nur „inszenierte Empörung“ aufböten. „Schlechte Inszenierungen leeren ein Theater manchmal schneller als mancher Feueralarm“, fügte der SPD-Politiker hinzu. Der CDU-Finanzpolitiker Ulf Thiele meinte, es habe sogar eine sofortige Rückzahlung in Höhe von einer Milliarde Euro an die Öl- und Gasfirmen gedroht – „das wäre das KO für den Landeshaushalt gewesen“. Althusmann wies die Unterstellung der Opposition zurück, hier handele es sich um Rabatte oder Subventionen. Tatsächlich sei das Ziel des Vergleichs, Schlimmeres für das Land zu vermeiden. Der Vorwurf der unvollständigen Information überzeuge nicht, da die notwendige Wahrung von Geschäftsgeheimnissen es ihm nicht erlaube, Details der Verträge zu nennen. Gleichzeitig erklärte der Minister, dass die Erdgas- und Erdölindustrie nur noch sieben Jahre lang Reserven habe und sich wandeln müsse. „Mein Wunsch ist es, das in diesem Industriezweig vorhandene Know-how und die bereits vorhandene Infrastruktur zum Transport und zur Speicherung von Gasen für die Energiewende zu nutzen.“