Die Kommunalverbände drängeln, und in der Landesregierung wird derzeit auf Hochdruck an Plänen gearbeitet, mit denen das Leid der Geschäfte in den Innenstädten gemildert werden kann. In einer von der SPD beantragten aktuellen Debatte nutzten Grüne und FDP die Chance, diese Bemühungen als unzureichend abzutun. Sowohl Christian Meyer (Grüne) als auch Jörg Bode (FDP) legten neue mögliche Vorschläge vor. Zwischen den Städten, dem Bau- und dem Wirtschaftsministerium ist vereinbart worden, bis März erste Konzepte zu konkretisieren. Die Hoffnungen richten sich auch auf einen Anteil von 50 Millionen Euro an dem 500-Millionen-Programm, das Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in Aussicht gestellt hat.

    Der Grünen-Abgeordnete Meyer sagte, man dürfte sich über den Boom des Onlinehandels nicht wundern, da es bisher immer noch nicht gelungen sei, auf europäischer Ebene eine Besteuerung von Google, Amazon und anderen Digitalkonzernen durchzusetzen. „Auch Kanzlerkandidat Olaf Scholz könnte sich hier endlich mal bewegen“, sagte Meyer. Die Buchhändler und Mittelständler in den Innenstädten seien wegen der hohen Mieten und der Gewerbesteuerpflicht strukturell benachteiligt. Kritisch beleuchtet Meyer auch die Raumordnungspolitik der Großen Koalition. Sowohl die Absicht von SPD und CDU, die Ansiedlung größerer Einzelhandelsgeschäfte auch in kleinen Kommunen zu erlauben, als auch die Pläne für die Erweiterung des Outlet-Centers in Soltau wirkten sich zu Lasten der gewachsenen Innenstädte aus. Was Soltau angehe, müsse die Koalition endlich auf die sehr deutlich geäußerten Bedenken der Oberbürgermeister aus Celle und Lüneburg hören. Im Übrigen sei der 2,5-Millionen-Etat für „Zukunftsräume“, also die Förderung der mittelgroßen Innenstädte, viel zu gering. Meyer riet dazu, verstärkt Mittel der EU-Agrarförderung aus der ersten Säule in die zweite zu verlagern – also weg von direkter Unterstützung der Landwirte und hin zu gezielten ökologischen Projekten. Hier aber bewege sich Agrarministerin Barbara Otte-Kinast im Bundesrat bisher zu wenig. Jüngst hatte das niedersächsische Ministerium in einer Agrarministerkonferenz Sympathien für süddeutsche Forderungen erkennen lassen, die Umschichtung hier zu verringern statt zu verstärken.

    FDP-Fraktionsvize Jörg Bode schlug vor, auf Bundesebene das Gewerbesteuerrecht dahingehend zu ändern, dass Läden in den Innenstädten davon ausgeklammert werden. Derzeit gebe es die Chance zu solchen Ausnahmen leider nicht. Auch das Denkmalschutzrecht gehöre auf den Prüfstand, es sei widersinnig, wenn die Auflagen viel zu hoch sind und Hausbesitzer in Innenstädten die oberen Etagen lieber frei lassen wollten, als sie denkmalgerecht für viel Geld zu sanieren. Bode meint, nicht die Stadtverwaltungen, sondern die Räte als kommunale Vertretungen sollten über Lockerungen der Denkmalauflagen befinden können. Auch die Immissionsschutzbestimmungen sollten angepasst werden – denn wenn man mehr Lärm in der Innenstadt erlaube, seien auch weitere Ansiedlungen dort möglich. Der CDU-Abgeordnete Stephan Siemer meinte, entscheidend sei eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit von Einzelhandel und Kommunalverwaltung „Hand in Hand“, im Kreis Vechta gebe es dafür viele gute Beispiele. Europaministerin Birgit Honé (SPD) unterstützte das und verwies auf die Stadt Verden, die beispielhaft neue Wege erprobt habe. Honé wirbt dafür, dass für die Stärkung der Innenstädte auch EU-Mittel, die für die Pandemie-Bekämpfung vorgesehen sind, eingesetzt werden könnten. Die „nachhaltige Stadtentwicklung“, die es als Instrument der EU-Förderung bereits gebe, solle „effektiv angewandt werden“.