Vor fast anderthalb Jahren wurde die Ausbildung in der Pflege reformiert, die sogenannte Generalistik hielt Einzug. Damit wurde die Ausbildung in der Krankenpflege, Kinderkrankenpflege und Altenpflege zusammengefasst. In der Ausbildungsallianz Niedersachsen, einem Zusammenschluss von 20 Verbänden und Arbeitsgemeinschaften in der Pflege, sieht man den Start positiv. „Der Start ist geglückt, das hätten wir uns kaum träumen lassen“, sagte Hans-Joachim Lenke, Vorstandsvorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, in einer Online-Pressekonferenz der Allianz. 5775 junge Menschen haben sich im vergangenen Jahr in Niedersachsen für eine Ausbildung in der Pflege entschieden. Das sind zwar 300 weniger als im Vorjahr, aber mehr als in Vorjahren. „Ich bin froh dass es gelungen ist, die Ausbildungszahlen zu halten“, erklärte Lenke. Hans-Heinrich Aldag, Vorsitzender der niedersächsischen Krankenhausgesellschaft, spricht angesichts rückläufiger Ausbildungszahlen anderer Branchen von einem positiven Signal. Vor diesem Hintergrund blicke man zuversichtlich auf das laufende Ausbildungsjahr.
Der Druck bleibt allerdings hoch. Allein in den niedersächsischen Krankenhäusern fehlen aktuell rund 1000 Pflegekräfte, heißt es bei der Krankenhausgesellschaft. Der Bedarf an gut ausgebildeten Pflegekräften bleibe deshalb auch nach der Pandemie hoch, machte Sozialministerin Daniela Behrens deutlich. Die aktuelle Zahl dürfe deshalb nur als Teilerfolg gesehen werden, auf dem man sich nicht ausruhen dürfe. Man wolle jährlich deutlich mehr als 6000 im Jahr in die Ausbildung bekommen. Mehr Lehrkräfte und höhere Anforderungen werden ins Geld gehen, das ist schon heute klar. Professor Hubert Meyer, Hauptgeschäftsführer der Landkreistages, hält die Mittel aber für sinnvoll investiert. Schließlich gehe es darum, „im Wettbewerb der Berufe die Attraktivität des Pflegeberufs auch und gerade in der Ausbildung zu steigern“. Auch Helge Engelke, Direktor der niedersächsischen Krankenhausgesellschaft, betonte, dass auch in den kommenden Jahren eine auskömmliche Finanzierung nötig sei.
Ein Flaschenhals bleibt laut Martina Kristof, Geschäftsführerin des Verbands Deutscher Privatschulen in Niedersachsen, die Anzahl der qualifizierten Lehrkräfte. Es gebe zwar neue Studienplätze, das sei aber nur „ein gut gemeinter Anfang“. Bei einer Verteilung von 1 zu 20 brauche man für 6000 Schüler insgesamt 300 masterqualifizierte Lehrkräfte. Ein Großteil sei bisher noch nicht mit einem Masterabschluss qualifiziert. Derzeit ließen viele Schule ihre Lehrkräfte in anderen Bundesländern qualifizieren. „Wir müssen generell das Lehramtsstudium ausweiten“, forderte Kristof. Nicht überall läuft es ganz rund. Für Ulrich Kruthaup vom Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste in Niedersachsen sind regionale Netzwerke gerade in einem Flächenland besonders wichtig. Es gebe auch noch Regionen, in denen er Potenzial nach oben sehe. So habe sich „Osnabrück nicht mit Ruhm bekleckert“, erklärte Kruthaup und verwies darauf, dass Schulen dort teilweise keine Pflege- und Klinikträger für die Ausbildung fänden. „Unsere Generalistik-Schüler werden ihren Praxiseinsatz voraussichtlich am Uni-Klinikum Münster machen, weil ihre Schule in Osnabrück keinen entsprechenden Platz findet. Das ist kein gutes Beispiel.“